Hatte erstmal nur Zeit für die vierseitige PDF von Valerius Geist...
1.) Wie alt ist der Typ? Wer noch "vom Wolfe" statt "vom Wolf" spricht, ist sicherlich schon von jeder Realität weit überholt und hinter sich gelassen.
Zudem negiert er die Fähigkeiten der DNA- Analyse und bezeichnet sie als "Kokolores". Damit hat sich der Typ schon meilenweit disqualifiziert, denn so spricht kein Wissenschaftler in einem öffentlichen Paper...
2.) Aha, weil der hiesige Wolf also nicht die ganz spreizbaren Pfoten hat, ist er automatisch ein Hunde-, oder verwegener noch, ein Schakalhybride...
Hat der gute Mann mitbekommen, dass Konrad Lorenz weit irr ging, als er die Haushunde in "Aureus- Hunde" (vom Goldschakal abstammend) und in "Lupus- Hunde" (vom Wolf abstammend) einteilen zu können meinte, und dass die sich schon im Labor nur mit Tricks kreuzen lassen, geschweige denn im Freiland?
Kann er mal bitte entsprechende DNS- Belege vorweisen, in denen völlig unzweifelhaft eine Hybridisation mit Hund oder Schakal quer durch Mitteleuropas Wölfe nachgewiesen ist?
Und die Hybrid- Welpen von anno 2003, die ich auch schon erwähnt hatte (mit dem Schäferhund als Vater) sind der unzweifelhafte Beweis dafür, dass das die absolute Regel ist?
3.) Auf die Idee, dass sich je nach geographischen Anforderungen verschiedene Typen heraus entwickeln können, kommt der gute Mann auch nicht?
Er redet vom hochnordischen Wolf, der wirklich den von ihm beschriebenen Lebensbedingungen ausgesetzt ist und entsprechendes Gehwerk braucht. Aber nicht, um sich noch schnell "auf eine Eisfläche zu retten, bevor er vom Treibeis zermalmt wird". Schon alleine diese Aussage diskreditiert den Mann ins Unendliche! Das klingt zwar sehr taff und als ob er schwer Ahnung hätte, aber wie oft kommt ein Wolf in die Gefahr, von Treibeis zermalmt zu werden, weswegen es gut ist, solche Pfoten zu haben?!?
Der nordische Wolf, der mag diese langen, schmalen und dadurch weit spreizbaren Pfoten haben und brauchen, aber: Gilt dies analog für den mitteleuropäischen Wolf genau so? Begegnet der denselben Anforderungen wie der nordische Wolf?
Wo haben wir noch bedeutende Sümpfe, wo noch halbjahreslang knietiefe Moraste von solchen Dimensionen bestehen, dass der Wolf sich daran speziell angepasst halten müsste? Wo noch halbjahreslang meterhohen Schnee, in dem Schneeschuhe nur von Vorteil sind?
Hat der man schon mal den evolutionsbiologischen Begriff "Adaptive Radiation" gehört? Kommt mir ganz und gar nicht so vor, denn sonst würde er nicht so einen Käse zusammen schwallen.
Auch "reine Wölfe" brauchen in Mitteleurope keine Schneeschuhe, die sich mega weit spreizen können, ihm reichen weniger lange, weniger schmale Pfoten, weil wir ganz andere Bedingungen hier haben. Unter anderem viel längere, wesentlich unsumpfigere Sommer als im hohen Norden. Für hiesige Wölfe wären solche "Schneehundfüße" (?!?) auf unseren vergleichsweise festen und quasi immer irgendwie dick bedeckten Böden (Gräser, Laubdecke) von großem Nachteil.
Wer das nicht glaubt, der fahre doch bitte einmal mit halb platten Reifen (analog weit spreizenden Pfoten) und einmal mit fest aufgepumpten, nur schmale Auflagefläche bietenden Reifen durch jeweils lockeren Schnee oder Sand und dann über festen Straßenasphalt oder eine Wiese.
Und messe mal den Energieverbrauch, den er auf beiden Terrains mit welchen Reifen hat. Und mit welchen Reifen er sich auf welchen Terrains am schnellsten bzw. effektivsten fortbewegt...
Unmittelbar wird sich die Erkenntnis aufdrängen, dass die halb platten Reifen auf Sumpf, Schnee, lockerem Sand das beste Fortkommen ermöglichen, während man auf festem Terrain viel zu viel Energie verbraucht, kaum richtig vorankommt, man aber andererseits mit den festen Reifen in ersterem Terrain hoffnungslos versackt, in zweiterem aber bestens und flott fort kommt....
Wozu bräuchte der mitteleuropäische Wolf also lange, weit spreizende Pfoten des nordischen Wolfes genau?
Und, die wichtigste Frage von allen, unterscheiden sich denn überhaupt die Fährten nordischer wie mitteleuropäischer Wölfe wirklich so signifikant voneinander, wie der Kamerad erzählt? Ich sehe dafür keinerlei Bildbelege oder wissenschaftlich erfasste Messungen von Pfotenabdrücken, die zu so einer "Beweisführung" aber zwingend dazu gehören, wenn man irgendwelchen Anspruch auf Ernsthaftigkeit erheben will!
Oder unterscheiden sich die Fährten nordisch- und mitteleuropäischer Wölfe gar nicht so sehr voneinander, weil beider Pfoten multifunktionelle Werkzeuge sind, die sowohl in harschem als auch komfortablem Terrain gleichermaßen gutes Fortkommen ermöglichen?
4.) Scheint er auch nicht wirklich mitbekommen zu haben, dass wir hier in Mitteleuropa einen ganz anderen Vegetationstyp haben als in Südeuropa oder Nordeuropa, der sich selektiv auch auf die verbreitete Fellfarbe ausgewirkt haben könnte...
Was sind die borealen Nadelwälder? Grau, von Rinden- und Hintergrundbild her, und sowieso sehr hell im Winter...
Was sind die mitteleuropäischen Misch- und Laubwälder? Vielfarbig, mit vielfältigem Farbspiel (auch rot!) in den Rinden- und Hintergrundfarben, oftmals auch im Winter nicht besonders hell oder grau...
Was sind die südeuropäischen Macchien und mediterranen Wälder? Auch wieder grauer und eintöniger von Rinden- wie Hintergrundfarben...
Wozu sollte dann also der mitteleuropäische Wolf ebenso grau sein wie seine nördlichen oder südlichen Verwandten? Hm?!?
Wäre in den buchen- und eichengeprägten mitteleuropäischen Wäldern, deren Boden monatelang das zufällig rotbraune Herbstlaub ziert, nicht auch ein rotbrauner Anteil im Fell vorteilhaft? Auch an den Ohren? Weil unser Wild weiß, bzw. kontrastreich schon sehr gut sieht, rot etc. aber weniger gut? Die im Fell wiederzufindende Farbe des Laubes ihm also hilft, sich gut zu tarnen ?
5.) Und bringt er nicht überhaupt gewaltig was durcheinander, wenn er von Kojoten spricht? Also die nordamerikanischen Groß- Caniden mit den europäischen vergleicht?
Von wegen "Wolf grau hinter den Ohren, Kojote rot"? Was er da drüben an Wolf vorwiegend vor der Nase hat, ist der Timberwolf sowie der Polarwolf- beides Unterarten, die nicht mit unseren heimischen Wölfen zu vergleichen sind, da größer, schwerer, mit teils ziemlich anderem Sozialverhalten und noch einem kleinen, ganz speziellen Geheimnis, das er auch nicht zu kennen scheint, da er stets vom "reinen Wolf" in höchsten Tönen schwärmt- nämlich dass das schwarze Fell, das viele Timberwölfe zeigen, wer errät's? Ja, genau, von HUNDEN stammt... Na, und nu ? Da drüben auch alles nur wertlose Bastarde? Kann man sich auf gar nix mehr verlassen? Obwohl alle Timberwölfe doch soooo tolle lange und spreizbare Pfoten haben... Verdirbt ihm doch glatt seine ganze Theorie, oder?
Spätestens das sollte aufzeigen, dass kürzere, weniger spreizbare Pfoten ein Beweis für gar nichts sind! Bzw. allenfalls dafür, dass die Besitzer sich an die Lebensbedingungen ihres Habitats angepasst haben. Der amerikanische Timberwolf hat ebenfalls Schnee von September/ Oktober bis März/ April zu bewältigen, und anschließend großflächig Sumpf teils den ganzen Sommer über. Obwohl er im Vergleich zu unseren Wölfen gar nicht so hochnordisch, geografisch eher auf der Höhe Mitteldeutschland bis Marokko lebt...
Und unsere mitteleuropäischen Wölfe haben das eben nicht... Schnee, wenn überhaupt, nur wochen- oder wenige monatelang, aber kein halbes Jahr meterhoch am Stück- unsere Gebirgswölfe, die das hätten, wandern dann in tiefere Lagen, wo sie das noch können. Anschließend großflächigen Sumpf quasi gar nicht, außer entlang von Flüssen, die großen Becken und Gebirgssenken Nordamerikas fehlen hier bei uns mit unseren vergleichsweise niedlichen Gebirgen... Also brauchen unsere- reinen!- Wölfe auch keine Pfoten eines Wolfes, der quasi neun Monate des Jahres in weichen, nachgiebigen Bedingungen zu leben hat...
Ist mit einem Wort also wirklicher Unsinn, dass sämtliche mitteleuropäischen Wölfe durch die Bank wertlose Bastarde wären!
PS @ Valerius Geist: Kurz gegoogelt- ah, er ist 79!
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