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Thema: Die Indischen Kämpfer

  1. #1
    Rassegeflügelzüchter Avatar von Ernst
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    Die Indischen Kämpfer

    Ich habe mir gedacht, dass ich Euch mal die Indischen Kämpfer vorstellen sollte. Zum besseren Verständnis, der Entstehung dieser Rasse muss man etwas weiter ausholen. Da der Text dann aber etwas umfangreicher ausfällt, werde ich ihn in mehrere Teile aufteilen. Der 1. Teil beginnt mit den Anfängen des Hahnenkampfes, in der Bronzezeit, und endet kurz vor der Geburtsstunde des Indischen Kämpfers, Anfang des 19. Jahrhunderts, in England.

    Die Indischen Kämpfer

    Während der Bronzezeit, vor etwa 3000 Jahren entstand der ursprünglich zu religiösen Ritualen abgehaltene Hahnenkampf in Asien. Bekannt sind, aus dieser Zeit u. A., Funde aus China, Persien, Indien und von den Phöniziern. Es ist anzunehmen, dass es sich bei diesen ersten „Kampfhühnern“ um Exemplare des Bankivahuhns (gallus gallus) handelte. Durch die Domestikation dieses Wildhuhnes ist wohl auch der Grundstein für unsere heutige Hühnerzucht gelegt worden. Zu Zeiten von Themistokles 524-495 v. Chr..drang der Hahnenkampf bis nach Griechenland vor. Als Alexander der Große (356 - 323 v. Chr.) regierte, war der Hahnenkampf in Griechenland bereits weit verbreitet. Mittlerweile hatte sich der Zweck des Hahnenkampfes vom religiösen Ritus zur Unterhaltung gewandelt. Als sportlicher Wettkampf setzte der Hahnenkampf seinen Siegeszug nach Westen fort. Er gelangte in kürzester Zeit von Griechenland auch nach Rom. Zu Zeiten Julius Cäsars hatte er dort bereits große Popularität erlangt. So beklagte der römische Schriftsteller Columella, dass viele Anhänger des Hahnenkampfes ihr gesamtes Hab und Gut bei diesen Veranstaltungen verwetten würden. Von den, in den römischen Provinzen angesiedelten, Legionären wurde der Hahnenkampf innerhalb weniger Jahre in großen Teilen Europas verbreitet. Auf diesem Weg gelangte er auch nach England. Dort wird er im Jahr 55 vor Chr. erstmals erwähnt. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Engländer u.U. schon wesentlich früher mit dem Hahnenkampf Bekanntschaft machten. Ab ca. 350 v. Chr. exportierten die Phönizier aus den Minen von Cornwall Zinn, mit dem sie im gesamten Mittelmeerraum Handel trieben. Da der Hahnenkampf zu dieser Zeit schon bei den Phöniziern verbreitet war, wäre es durchaus denkbar, dass auf diesem Wege bereits die ersten Kampfhühner in England auftauchten. Die frühesten post-römischen Aufzeichnungen über den Hahnenkampf in England erscheinen im 12. Jahrhundert während der Herrschaft von Heinrich II. Im 16.Jahrhundert gelangt der Hahnenkampf in England unter Heinrich dem VIII. auf den Höhepunkt seiner Beliebtheit. Der Enthusiasmus Heinrichs für den Hahnenkampf ging soweit, dass er 1536 in Whitehall Palace, seinem Wohnsitz, eine Hahnenkampfarena errichten ließ. Diese Arena blieb bis zum Jahr 1816 ein Zentrum des englischen Hahnenkampfs. Die Begeisterung für diese Sportart zog sich bald durch alle Bevölkerungskreise. Vom einfachen Landarbeiter bis zum Hochadel waren alle von diesem „Virus“ infiziert. Fast jede Stadt hatte ihre eigene Kampfarena (cockpit). In Westminster ließ Charles II. eine Kampfarena errichten (Cockpit-in-Court), in der jährlich die Kämpfe um den „Gold Cup“ ausgetragen wurden. Von der Bevölkerung erhielt sie den Namen "Cock-Royal". Sogar Teile des englischen Klerus begeisterten sich für diesen Sport. Es wurden Hahnenkämpfe auch auf Kloster- und Kirchengelände ausgetragen. Man kann sagen, dass der Hahnenkampf im 17. Jahrhundert in England regelrecht zum Volkssport wurde. Das Königshaus ernannte eigens einen „Cockmaster“, der für die "Fortpflanzung, Aufzucht und Ausbildung der Kampfhähne der königlichen Zucht" zuständig war. Einige exklusive Schulen nahmen „Zucht und Konditionierung von Kampfhühnern“ mit ins Lehrprogramm auf. Jährlich am Faschingsdienstag durften die Jungen Hahnenkämpfe sogar im Klassenzimmer ihrer Schule veranstalten. Die Euphorie wurde zwar etwas gedämpft, als immer mehr Kritik von puritanischen Predigern kam, die die Brutalität dieses Sports anprangerten, aber das konnte den Hahnenkampf in England noch nicht ernsthaft gefährden.
    Geändert von Ernst (18.07.2014 um 15:29 Uhr)

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  2. #2
    Rassegeflügelzüchter Avatar von Ernst
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    So, nun kommen wir zum 2.Teil. Es behandelt den Hahnenkampf im 19. Jahrhundert in England. Es sind die letzten Jahrzehnte, des aktiven Hahnenkampfes dort. Am Ende steht die Züchtung des Indischen Kämpfers, und die Festlegung eines Standards vom Sonderverein, dem Indian Game Club.

    Die Geburtsstunde der Indischen Kämpfer war in den 20ger Jahren des 19. Jahrhunderts. Der Grund für die Erschaffung dieser Rasse war der angekratzte Stolz der Kampfhuhnzüchter aus dem Südwesten Englands. Sie hatten mit den Vorfahren der heutigen Altenglischen Kämpfer einige recht gute Zuchtlinien aufgebaut. Als dann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von heimkehrenden Soldaten und Seeleuten, über die Hafenstädte Plymouth und Fallmouth immer häufiger Kampfhühner aus den asiatischen Kolonien, vornehmlich aus Indien mitgebracht wurden, wendete sich das Blatt.
    Bei den eingeführten Tieren handelte es sich größtenteils um Exemplare aus Landschlägen der Asil und der Malaien. Sie besiegten die Hähne der einheimischen Rassen immer häufiger. Ein traumatisches Schlüsselerlebnis war für die Engländer sicher der Hahnenkampf vom 5. April 1784 im indischen Lucknow. Colonel John Mordaunt, ein bekannter englischer Kampfhuhnzüchter war mit seinen Kampfhähnen der berühmten Shropshire-Linie angereist, um gegen die indischen Kampfhähne des Asaf-Ud-Daula, Nawab Wazir von Oudh anzutreten. Asaf-Du-Daula war der Herrscher des Reiches Oudh. Dieses Reich lag in Nordindien auf dem Gebiet des heutigen Bundesstaates Uttar Pradesh. Lucknow war die Hauptstadt. Mordaunt musste zusehen, wie seine Hähne auf ganzer Linie den indischen Kampfhähnen unterlagen. Diese Niederlage war für ihn umso peinlicher, weil hohe Beamte des britischen Empires, wie z.B. Warren Hastings der Generalgouverneur von Britisch – Ostindien zugegen war. Dieser dramatische Kampf wurde von dem deutschstämmigen Maler Johann Zoffany in dem eindrucksvollen Gemälde „Colonel Mordaunt’s Cock Match“ festgehalten. Auf diesem Bild ist recht gut zu erkennen, dass es sich bei indischen Kampfhähnen, gegen die Colonel Mordaunts englische Hähne antraten, um Asil handelte.

    http://en.wikipedia.org/wiki/Colonel...9;s_Cock_Match

    Um diese Schmach zu beenden, beschlossen einige englische Züchter durch einkreuzen von Hähnen dieser asiatischen Rassen, die Sache wieder für sich zu entscheiden. Federführend bei dieser Aktion ist u. A. sicher Sir Walter Raleigh Gilbert mit zu nennen. Er kreuzte die einheimischen Black-Red Game mit Asil ein. Es ist anzunehmen, dass es sich dabei um Tiere der großen Kulang Asil handelte. Wahrscheinlich ein Landschlag des schweren, muskulösen Madras - Typs. Die F1 Generation dieser Kreuzung wurde mit Malaien verpaart. Heraus kam ein schweres kräftiges Huhn, das große Ähnlichkeit mit den heutigen Malaien hatte. Man hatte gehofft, die Vorzüge der einzelnen Rassen in einer neuen Rasse vereinigen zu können. Aber, wie so oft im Leben sind Theorie und Praxis weit voneinander entfernt. Es fehlte der neuen Rasse an Wendigkeit, Ausdauer und Kampfgeist. Damit war die Karriere der „Injees“, wie diese „Kreuzungsprodukte“ von den Engländern genannt wurden, in den Hahnenkampfarenen, bereits beendet bevor sie überhaupt begonnen hatte. Aus der Bezeichnung Injees entstand später der heutige Name Indian Game. Ein etwas irreführender Name für eine englische Züchtung. Da die Heimat dieser Rasse die Grafschaften Cornwall und Devon ist, wäre die amerikanische Bezeichnung für diese Rasse, nämlich Cornish Game, eigentlich treffender. Nun hatte man Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue Kampfhuhnrasse geschaffen, die für den Hahnenkampf nicht zu gebrauchen war. Man sollte glauben, dass so ein „unnützes Produkt“ schnell wieder von der Bildfläche verschwinden würde. Das war aber nicht so. Es fanden sich Züchter, die von der Rasse fasziniert waren, obwohl sie nicht zum Hahnenkampf taugte. Es mag sein, dass die Rasse auch von der mittlerweile geänderten Einstellung zum Hahnenkampf profitierte. Die Veränderung begann 1835 mit dem „Cruelty to Animals Act 1835“. Es handelte sich dabei um ein Gesetz, dass das Parlament des vereinigten Königreichs zum Schutz von Tieren vor Misshandlung auf den Weg gebracht hatte. 1848 wurde das erste Hahnenkampfverbot ausgesprochen. Im Jahr 1895 wurde der Hahnenkampf von Königin Victoria auch in Schottland verboten, und war damit insgesamt in England nicht mehr erlaubt. Da es sich bei den Britten von je her großer Beliebtheit erfreute, sich mit anderen im Wettkampf zu messen, ist es denkbar, dass das Ausstellungswesen für viele zu einem Ersatz für den mittlerweile verbotenen Hahnenkampf wurde. Der erste gedruckte Standard der Hühnerrassen erschien in England 1865. Er enthielt nur einige wenige Rassen. Bereits im Jahre 1877 wurde „The Poultry Club of Great Britain“ gegründet. Dieser „Poultry Club“ verwaltet den englischen Rassegeflügelstandard, so wie in Deutschland der BDRG dafür zuständig ist.
    Die Anhänger der Indischen Kämpfer gründeten 1886 ihren bis heute bestehenden Indian Game Club. Das war auch in etwa der Zeitpunkt, in dem sich das Aussehen der Rasse wesentlich änderte. Waren die Tiere bis dahin kaum von den Malaien zu unterscheiden, wurden sie nun immer breiter und massiger. Als im Jahr 1896 der Indian Game Club den Standard für die Rasse festlegte, entsprach dieser im Wesentlichen schon dem Heutigen. Als Farbschlag gab es damals nur dark (fasanenbraun). 1897 stellte Henry Hunt ein Züchter aus Gloucestershire, zum 60 jährigen Krönungsjubiläum von Königin Viktoria den Farbschlag rot-weiß (weiß-fasanenbraun) vor. Er nannte ihn anlässlich dieses Ereignisses „Jubilee“. Später entstanden noch die Farbschläge blau-fasanenbraun, weiß, gelb und in Amerika White Laced Red (weißgesäumt-rot). Bei diesem Farbschlag müssen sowohl der Hahn, wie auch die Henne am ganzen Körper dunkelrot sein, und die Federn eine weiße Säumung haben. Dieser Farbschlag ist in Deutschland allerdings nicht anerkannt.

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  3. #3
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  4. #4
    Avatar von kniende Backmischung
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    Ein sehr interessanter Einblick in die Entstehung der Rasse - und so überraschend
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    LG Silvia
    Das sind die Weisen, die über den Irrtum zur Wahrheit reisen.
    Die im Irrtum verharren, das sind die Narren.
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  5. #5
    Rassegeflügelzüchter Avatar von Ernst
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    Nun kommen wir zum 3. und letzten Teil.

    Im Jahre 1882 wurden die ersten Indischen Kämpfer in Deutschland eingeführt. Die Rasse hat hier nie so eine starke Verbreitung erlebt wie viele andere Rassen. Interessanterweise sieht man auf Ausstellungen vor den Käfigen der Indischen Kämpfer viele Leute, die von den Tieren fasziniert sind. Sie bestaunen und bewundern die massigen, muskulösen Tiere. Aber es scheint nur selten einer dabei zu sein, der bereit ist sie auch zu züchten. Trotzdem hat es die Rasse aber immer verstanden, einige Enthusiasten zu finden, die ihr trotz aller widriger Umstände die Treue gehalten, und sie damit vor dem Aussterben in Deutschland bewahrt hat, obwohl es bezüglich Wirtschaftlichkeit sicher andere Rassen gibt, die für potentielle Züchter verlockender sind.
    Ebenso ist es mit den Haltungsbedingungen. Da sie hier und da etwas anspruchsvoller sind als manch andere Rasse, sind sie sicher nicht immer die erste Wahl bei jemandem, der auf der Suche nach einer neuen Hühnerrasse ist.
    Ähnlich ist es mit der Schönheit der Tiere, die ja bekanntlich im Auge des Betrachters liegt. Leider erschließt sie sich bei vielen Hühnerhaltern selbst auf den zweiten Blick noch nicht, da der Indische Kämpfer, bezüglich des Aussehens, nicht unbedingt den Vorstellungen von einem klassischen Huhn entspricht. Aus diesen, wie auch noch vielen anderen Gründen tun sich die Indischen Kämpfer schwer damit, neue Züchter zu finden. Noch schwieriger ist es die Züchter, wenn sie die ersten Fehlschläge erlitten haben, bei dieser Rasse zu halten. Meines Erachtens sind da viele Parallelen zu Partnerschaften von Menschen untereinander. Wenn ein etwas „schwieriger“ und eigenwilliger Mensch einen Partner sucht teilt sich die Gruppe der potentiell in Frage kommenden in drei Gruppen. Die erste sagt: „Nein, das ist mir zu anstrengend und stressig. Das versuch ich gar nicht erst“. Dann kommt die zweite Gruppe, die schon wesentlich kleiner ist. Sie ist verliebt, meint mit den Schwächen des Anderen leben zu können, und lässt sich daraufhin auf eine Beziehung ein. Dann kommt der Alltag. Die Macken und Unarten des Partners nerven doch mehr als man gedacht hat. Es kommen auch noch neue dazu, die man am Anfang noch nicht gesehen hat. Nach einiger Zeit wird es einem zu viel, man trennt sich vom anderen und geht wieder seiner Wege, auf der Suche nach einem „einfacheren Partner“. Zuletzt die dritte Gruppe, die nur noch aus ganz wenigen besteht. Bei ihnen ist es Liebe auf den ersten Blick. Sie nehmen die Macken und Schwächen hin, und ertragen sie mit stoischer Gelassenheit. Sie werden als Teil der Persönlichkeit des Anderen erkannt und akzeptiert. Diese Beziehungen halten häufig auf Dauer. Mit genau dieser Einstellung, zu seinen Tieren hat ein Züchter von Indischen Kämpfern die beste Grundlage für eine langjährige erfolgreiche Zucht. Nur unter diesen Bedingungen hält er es mit seinen „Indern“ auch lange genug aus, um an den Punkt zu kommen an dem er merkt, dass es für ihn keine andere Rasse mehr geben kann, als nur die Indischen Kämpfer. Das es selten soweit kommt, spiegelt sich an der geringen Anzahl von Indischen Kämpfern bei den großen Ausstellungen wieder. Bei besonders beliebten Rassen, wie z. B. den Zwerg-Wyandotten kann man in den Ausstellungshallen Gang für Gang an den Käfigen entlang laufen. Es sind Zwerg-Wyandotten zu sehen, „soweit das Auge reicht“. Hunderte, in allen erdenklichen Farbschlägen. Bei den Indischen Kämpfern ist das etwas anders. Wenn man da am Käfig des ersten Tieres steht, kann man in der Regel, ein paar Meter weiter schon den Käfig sehen in dem das letzte Ausstellungstier der Rasse untergebracht ist.
    Auch bei der Zucht gibt es extreme Unterschiede zwischen einer viel gehaltenen, gut durchgezüchteten Rasse und den Indischen Kämpfern. Manchmal beneidet man Züchter solcher Rassen die sagen: „Meine Rasse legt fast das ganze Jahr über. Ab Mitte Februar sammele ich 60 Bruteier. Dann habe ich Ende März 50 Küken. Das ist für diese Rasse früh genug. Von den 50 Küken bleiben bis zum Herbst 25 bis 30 Jungtiere übrig, die ich ausstellen kann. Das reicht mir“.
    Bei den „Indern“ ist das nicht ganz so unkompliziert. Sie brauchen sehr lange für die Entwicklung. Wenn man im Oktober auf der Junggeflügelschau in Hannover einige Tiere ausstellen möchte, muss man die Küken nach Möglichkeit bereits im Januar haben. Noch besser wäre unterm Tannenbaum. Dies gilt zumindest für die Hähne. Bei den Hühnern reicht als Schlupftermin noch der März. Das geht nur mit einem Kunstlichtprogramm. Wenn man es früh genug startet, legen die ersten Hühner Anfang Dezember. Der Hahn tritt auch fleißig. Mitte Dezember werden zum ersten Mal Eier in die Brutmaschine eingelegt. Beim Schieren, eine Woche später die erste Ernüchterung. Es sind von den hundert Eiern unter Umständen nur 10 oder 15 befruchtet. Wenn dann die Schlupfrate auch nicht so optimal ist, kann es passieren, dass man von den hundert eingelegten Eiern keine 10 Küken bekommt. Die hormonelle Umstellung, die durch das Lichtprogramm angeregt wird, dauert bei den Hähnen in der Regel einige Wochen länger als bei den Hennen. Das bedeutet die Hähne treten die legenden Hennen zwar, produzieren aber noch keine befruchtungsfähige Spermien. Beim nächsten Einlegen zwei Wochen später ist das dann aber in der Regel bereits wesentlich besser. So hat man dann doch schon einige Küken. Nun macht einem das nächste Problem zu schaffen. Das Lieblingshobby der „Inderhennen“ - glucken - . Da laufen die Hähne gerade zur Höchstform auf, und schon stellen die Hennen ihre Legetätigkeit ein, um zu glucken. Die Hennen der Indischen Kämpfer kommen zwar auf eine Jahresleistung von ca. 80 - 100 Eiern, aber leider nicht am Stück. Sie verteilen ihre Legeleistung über das ganze Jahr, und gehen zwischendurch immer wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Glucken nach. Eine Möglichkeit dieses Dilemma zu umgehen, wäre Hähne und Hühner zu trennen und das Lichtprogramm bei den Hähnen einige Wochen eher zu starten. Da ich meine Stämme aber schon recht früh zusammenstelle, damit die Tiere genügend Zeit haben sich aneinander zu gewöhnen, kommt diese Lösung des Problems für mich nicht in Frage.
    So muss man, wenn man nicht genügend Stämme zur Verfügung hat, mit der Anzahl von Küken zufrieden sein, die man bekommt. Da, im Gegensatz zu gut durchgezüchteten Rassen, mehr Tiere nicht dem Standard entsprechen, wird die Schar der Jungtiere im Laufe des Sommers immer übersichtlicher. Es bleiben aber in der Regel bis zum Spätsommer immer noch genügend über, von denen man begeistert ist, und glaubt, dass sie auf einer Ausstellung gute Chancen auf einen der vorderen Plätze haben. Dann fallen aber auch von denen noch einige aus, weil z. B. bei den Hähnen der Kamm zu groß, oder die Kehllappen zu lang werden. Wenn es ganz schlimm kommt, sind die Kehllappen auch mal unterschiedlich lang.
    So hat man immer einige Tiere, von denen man sich viel versprochen hat, die dann aber noch kurz vor Ausstellungsbeginn zu einem Besuch in die Küche eingeladen werden müssen. Aber irgendwann kommt dann die erste Ausstellung (in der Regel die Junggeflügelausstellung in Hannover) und man ist schon ganz gespannt, was die Ausstellungssaison wohl bringen wird. Und wie es immer im Leben ist, manchmal klappt es gut, manchmal aber auch nicht. Irgendwann im Dezember, nach der „Nationalen“ ist die Ausstellungssaison für das Jahr abgeschlossen, und man ist froh, dass der Stress erst einmal wieder beendet ist. Wenn man dann die Höhen und Tiefen, die man mit seinem Hobby in den letzten Monaten durchlebt hat noch einmal Revue passieren lässt, fragt man sich jedes Jahr aufs Neue: „ Warum tue ich mir das alles an?“. Wenn einem dann aber das Piepsen der ersten Küken, in der Brutmaschine aus diesen Gedankengängen reißt, weiß man wieder wofür man sich all die Mühe macht. Denn ohne die Rassegeflügelzucht im Allgemeinen, aber ganz besonders ohne die Indischen Kämpfer, würden einem viele schöne Momente entgehen.

    So, ich hoffe, dass ich Eure Aufmerksamkeit, mit diesem etwas längeren Bericht, über die Indischen Kämpfer nicht überstrapaziert habe.
    Geändert von Ernst (19.07.2014 um 12:30 Uhr)

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  6. #6

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    Zitat Zitat von Ernst Beitrag anzeigen
    So, ich hoffe, dass ich Eure Aufmerksamkeit, mit diesem etwas längeren Bericht, über die Indischen Kämpfer nicht überstrapaziert habe.
    Ganz im Gegenteil, das ist ein extrem interessanter und fundierter Bericht, der sich ein "Gefällt mir" absolut verdient hätte.

    Bei England so ab 1800 darf man aber die Bedeutung eines Bürgertums bzw. Adeligen, die einerseits Geld hatten aber andererseits nicht zum Hochadel gehörten und sich von den Arbeitern in den Fabriken abgrenzen wollten nicht unterschätzen. Dies waren ja auch diejenigen, die riesige und wunderschöne Gärten anlegten und exklusive Dinge züchteten und suchten- von Rosen über Orchideen bis zu Hühnern. England war zu dieser Zeit ja viel moderner als man heute denkt, geschichtlich extrem interessant und im Sinne eines langen 19 Jhd. schon sehr weit vom 18. Jhd. entfernt.

    Zitat Zitat von Ernst
    Es sind Zwerg-Wyandotten zu sehen, „soweit das Auge reicht“.
    Ich finde es immer irgendwie schade, dass so viele Zwergwyandotten und Zwergwelsumer zu sehen sind. Mir persönlich gefallen Moderne Englische Zwergkämpfer, Altenglische Zwergkämpfer und Zwergpaduaner, die sieht man aber leider kaum.

    Zitat Zitat von Ernst
    Nun macht einem das nächste Problem zu schaffen. Das Lieblingshobby der „Inderhennen“ - glucken -
    Auch wenn es mir nicht um Bruteier geht, aber ich persönlich schätze es nicht gerade, wenn einige meine Zwergbrahma und Seidenhühner meinen, sie wollen über Weihnachten glucken und dann auch noch extra hartnäckig sein wollen. Bei gerne gluckenden Rassen muss man irgendwie mit allem rechnen. Seidenhühner glucken ja ohnehin gerne nach 10-20 Eiern schon wieder.

  7. #7
    Hühner-Friseuse Avatar von Rosie
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    Danke für diesen schönen und ausführlichen Bericht.
    Nun fehlen aber wirklich noch einige Bilder. Nicht nur im Käfig, sondern auch von Jungtieren, im Auslauf usw.

    Was für Eier legen die Inder?

    Und gibt es große Unterschiede in Haltung und Aufzucht gegenüber anderen "normalen" Rassen?
    Liebe Grüße
    Heike Grimm
    1,12,29 Sundheimer 22,30,41 Paduaner
    1,1 Zwergenten

  8. #8
    Rassegeflügelzüchter Avatar von Ernst
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    Zitat Zitat von Rosie Beitrag anzeigen
    Was für Eier legen die Inder?
    Hallo Heike,

    die Inder legen recht kleine Eier. Das Bruteimindestgewicht beträgt 50g. Die Eier wiegen normalerweise zwischen 52-56g. Mir kommt der Umstand zu Gute, dass ich schon sehr früh mit der Brut beginne. Dadurch legen die ersten Hennen schon ab Mitte Juli. Wenn dann im Dezember, bedingt durch Lichtprogramm, Bruteier gesammelt werden, legen alle Hennen schon recht große Eier. Das Farbspektrum der Eier liegt zwischen hell cremefarben und mittelbraun.
    K800_008.JPG

    So unterschiedlich wie die Eier aussehen, differieren auch die Küken in der Farbe. Die nachfolgenden Bilder zeigen alle Küken des Farbschlages fasanenbraun.
    K800_K800_Inderküken 353.JPG K800_Inderküken 335.JPG K800_Inderküken 331.JPG K800_Inderküken 351.JPG K800_Inderküken 338.JPG K800_Inderküken 369.JPG
    Kaum vorstellbar, dass die Tiere wenn sie ausgewachsen sind, alle gleich gezeichnet sind.

    K800_Inderküken 363.JPG Hier wird gebrütet.

    K800_Inderküken 360.JPG Nach dem Schlupf geht es zum Impfen.

    K800_Inder_Küken_1.JPG Anschließend geht es in die Aufzuchtsbox.

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  9. #9

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    Toller Bericht Ernst,
    vielleicht sollte man noch erwähnen, dass die Inder zur Erzüchtung der heutigen Masthybriden erheblich beigetragen haben. Durch ihren enormen Fleischansatz wurden sie mit div. frohwüchsigen Rassen gekreuzt.

    Vor 19 Jahren entschloss ich mich auch mit der Inderzucht zu beginnen. Auf Großschauen bewunderte ich immer wieder diese massigen Klötze und verliebte mich in diese Rasse. Unterstützt wurde ich damals von Hilde Krüßmann die mir auch die ersten Zuchttiere vermittelte. Leider gehörte ich wohl zu der 2. von Ernst genannten Gruppe. Ich war den besonderen Anforderungen der Tiere nicht gewachsen. Mit knapp 17 Jahren ist man vielleicht auch nicht reif genug dafür...

    Nach langer Reise bin ich nun bei einem der Urväter der Inder angekommen, den Asil. Eine Rasse die auch spezielle Bedürfnisse hat.

    Ich kann nur jedem empfehlen: Informiert euch gut und ausreichend über die Rasse die ihr züchten wollt, sprecht mit Züchtern, tretet an die Zuchtwarte heran, besucht Züchter um zu erfahren was es mit der Rasse auf sich hat.
    Hätte ich das damals getan, hätte ich mir evtl. nie Inder angeschafft oder würde sie heute noch mit freude züchten!


    Dirk Böing

  10. #10
    Rassegeflügelzüchter Avatar von Ernst
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    Zitat Zitat von sturm Beitrag anzeigen
    Ich finde es immer irgendwie schade, dass so viele Zwergwyandotten und Zwergwelsumer zu sehen sind. Mir persönlich gefallen Moderne Englische Zwergkämpfer, Altenglische Zwergkämpfer und Zwergpaduaner, die sieht man aber leider kaum.
    Hallo sturm,
    da kann jeder seinen Beitrag zu leisten, um das Mengenverhältnis, der einzelnen Rassen, auf den Ausstellungen zu verändern. Wenn Du dich dazu entscheiden könntest, z.B. die Altenglischen Zwergkämpfer zu züchten, dann wäre das bestimmt eine lohnende Alternative zu Seidenhühnern und Zwergbrahma.

    Auch wenn es mir nicht um Bruteier geht, aber ich persönlich schätze es nicht gerade, wenn einige meine Zwergbrahma und Seidenhühner meinen, sie wollen über Weihnachten glucken und dann auch noch extra hartnäckig sein wollen.
    Bei den Indern ist es weniger das Problem, dass sie zu Weihnachten anfangen zu glucken. Die Problematik ist, dass die Legeintervalle zu kurz sind. Sie sind da dem Wildhuhn noch recht nahe. Es wird im Prinzip ein Gelege gemacht, und dann wird die Legetätigkeit eingestellt, und mit dem Glucken angefangen. Wenn man die Tiere im Herbst ausstellen will, ist der Zeitraum für die Brut recht kurz. Da braucht es gute Planung, und etwas Glück, um zu einem gewissen Zeitpunkt legende Hennen und befruchtende Hähne zu haben.

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