... es wirklich mal zum Äußersten kommt!
Mein Hahn war heute am hellichten Frühnachmittag enthusiastisch am Meckern, die Elstern auch, und so ging ich kurz darauf doch mal raus nachkucken, was da schon wieder los sei. Truppe war aber recht entspannt, also wohl kein Habicht unterwegs.
Ging trotzdem mal nach hinten auf die Wiese kucken, ob nicht etwa ein Bussard ansitzt, betrachte so die Schlachtreste der beiden gestern Abend erledigten Hybriden unter der Hecke und wundere mich, dass die sich in der Nacht keiner reingepfiffen hat, und höre dann vorne am Haus die Hühner meckern und auseinander fliegen.
Sprinte wieder Richtung Haus, denke, dass wieder irgendeine doofe Dorfkatze Jagdübungen macht und Grund des Alarms war, doch was ich dann sah, ließ mir ein an Aufrichtigkeit kaum zu überbietendes "Ach du Sch...ße!" entfliehen. Oranger Pelz, flauschige Lunte- Meister Reinecke, wie er leibt und lebt! Das erste Mal am Tage überhaupt, seit wir hier wohnen (März '12)!
Steht da, kuckt beleidigt und trollt sich dann recht ruhig, zum Glück ohne was erwischt zu haben, noch nicht mal eins der älteren Küken, die ihm am nächsten gewesen sein müssen *kreisch*!
Ich so "Aber ab, Du!", auf's reichlich verwilderte Nachbargrundstück, von wo er sich fast ungesehen rangepirscht hatte, und bis ich in den ganzen bauch- bis brusthohen Brennnesseln und Gestrüpp einen gangbaren Weg ausgemacht hatte, um ihn in die Pampa zu jagen, war von dem roten Phantom schon nichts mehr zu sehen.
Das lehrte mich viererlei:
a) Es ist keine intelligente Idee, Hühnerreste in der Aufzuchtzeit quasi mitten im Auslauf zu drapieren... Ja, ich weiß, auch wenn besagter Auslauf noch so frei ist- wenn Dummheit weh tun würde, würde ich nicht aufhören zu brüllen, aber bislang kam die rote Socke wenigstens immer nur nachts, wo es mir ja egal sein kann...
b) Es ist auf dem Nachbargrundstück und angrenzend inzwischen doch entschieden (!) zu verwildert!
c) Jetzt weiß ich, warum Hühner bei Verstand nicht gerne durch hohen, dichten, undurchsichtigen Bewuchs wie hohes Gras oder Hochstauden laufen und eher kurz bewachsene oder obenrum zugewachsene, unten aber lichte, also übersichtliche Gefilde aufsuchen!
d) Meine Hühner haben heute so ziemlich zum allerersten Mal in ihrer aller Leben einen Fuchs gesehen, und dann gleich von so nah, und dennoch hat keines dafür mit dem Leben bezahlt. Allesamt waren sie blitzaufmerksam und sogar die flugunfähigen geistesgegenwärtig genug, um sich nicht erwischen zu lassen. Es war sogar eine Henne ganz hinten im dicksten Kraut, wo entlang der Fuchs seinen Hin- und Rückweg genommen hatte, und die hatte auf einer hochkanten Palette aufgebaumt und drückte sich- der Fuchs hatte sie nicht bemerkt, obwohl er direkt dran vorbei musste...
Ganz besonderer Dank für den glimpflichen Ausgang gebührt meinem Hahn, der nun schon zum zweiten Mal in zwei Wochen aller- vorbildlichstes Verhalten an den Tag gelegt hat, den Elstern und auch der Glucke mit den ältesten Küken, denn die war maximalstens 2- 3 m vom Fuchs entfernt, wenn ich das alles so rekapituliere, und ihre Küken sind mit knapp vier Wochen schon recht selbstständig...
Mamma mia...
Nachdem ich als erstes den Hühnerschlatz unter der Hecke abräumte (nach dem der Fuchs bestimmt gesucht hatte) und gaaaaaanz weit weg auf die nächste Weide pfefferte, schnappte ich mir die Sense, machte binnen Sekunden den brusthohen Randstreifen voll Brennnesseln und Springkraut an Nachbars Kuhweide kurz (was ihn sicher freuen wird, muss er 's nimmer machen...) und rodete alsdann den nicht minder verwilderten Streifen hinter der Nachbarsscheune. Alle Bäume auf 2 m aufgeastet, junges Gesträuch rigoros ab, und alles an Brennnesseln und Mist auf 10 m nieder gesenst- dasselbe vor der Scheune, wo die Hühner an und für sich auch gern laufen...
Dass der Reinecke durch diese nach nur ein bis zwei Jahren wirklich grüne Hölle nahezu ungesehen am hellen Tag quasi bis mitten ins Dorf und bis unmittelbar vor's Haus kam, verwundert echt kein bisschen!
Nun stehen da nur noch sechs/ sieben größere Bäume und Sträucher und auf 10 m und auf 2 m Höhe ist die Sicht frei, was am Wochenende noch nach hinten erweitert wird...
So kann der rote Hundling sich nicht nochmal anpirschen, bis er quasi mitten in den Hühnern steht, und ich habe gelernt: Wenn man Hühner zu dieser Zeit schlachtet, das Zeug am besten gaaaanz weit raus in die Pampa bringen.
Denn hätte er was erwischt, wäre das wieder ein klarer Fall von "Schuld eigene" gewesen, denn wollte er erst eigentlich nur das lecker riechende Gekröse, fand er sich unverhofft inmitten des Paradieses vor, leider nur vereitelt durch Elstern und zufällig zugegenem Hahn- und echt topfitte Hühner, die bislang noch niemals in so unmittelbarer Gefahr schwebten, aber auf Anhieb richtig reagierten. Wow, gut gemacht, meine Hühnies!
Was mich schwerst verwunderte:
Aus Berlin kenne ich ja so zahme Füchse, denen die Gegenwart von Menschen völlig latte ist und die so auf 5- 10 m ungerührt ihrer Wege ziehen. Aber das nun selbst die Landfüchse derlei Anwandlungen zeigen, ist mir echt und überraschend neu!
Gut, es ist Aufzuchtzeit und die Welpen jetzt kurz vor der Selbstständigkeit am hungrigsten, so dass die Alten schon manches Wagnis eingehen müssen, aber bislang sind die Landfuchs- Eltern selbst zu dieser Zeit auf mindestens 50 m unauffällig im Unterholz verschwunden, wenn man stehen blieb oder so...
Mein Fuchs heute war auch kein Ausnahmefall. Vor etwa anderthalb Monaten war meine Frau in Siegen bei einem Vortrag, und danach auf dem Parkplatz ebenfalls- nur durch's Auto getrennt, etwa 10 m entfernt, seelenruhig ein Fuchs am Stöbern und nur kurz aufschauend...
Fazit jedenfalls:
(Sau)dummes Herrchen, guter Hahn, gute Elstern und gute Glucke!
Positiver Nebeneffekt des Ganzen: Ich hatte endlich mal die nötige Motivation, den angrenzenden Wildwuchs niederzumachen, der mich zwar eigentlich nix angeht, aber eine ganz klare Gelegenheit für 'n Reinecke war, so weit heran zu kommen...
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