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Batterie-Hühner in Freiheit

22 Mai 2001
Gertraude

Liebe Hühnerfreunde!

"Liebe Federlose" kann ich jetzt nicht mehr schreiben, die laufen bei mir im Stall rum. Schon lange hatte ich mir vorgenommen: Wenn ich mal ein Grundstück haben sollte, hole ich mir 3 oder 5 arme Batterie-Hühner. Wie Ihr wißt, bin ich ja vorigen Winter "wie die Jungfrau zum Kind" zu 5 Hühnern aus einem Sterbefall gekommen. Nachdem eines dem Fuchs zur Speise wurde und eines einem Herzschlag erlegen ist, mußten einfach wieder mehr Hühner her.

Also habe ich meinen alten Wunsch nach Batterie-Hühnern verwirklicht.

Nun mögt Ihr denken: Was bringt das schon, bei zig Millionen Hühnern die Rettung von 5 oder 10 Stück. Wenn man diese armen Geschöpfe sieht, dann begreift man, daß es für jedes einzelne gerettete Hühnchen ein Glücksfall ist.

Die Hühner sind so gut wie nackt, sie picken immer an sich selbst und an den anderen rum. Sie stehen einfach so herum und zittern. Oder schlafen im Stehen ein mitten am Tag. Sie verlieren ihr Ei irgendwo im Stehen, riesige Dinger im Verhältnis zu den recht kleinen Hühnchen, die auf sehr großen Füßen durchs Heu und Stroh steigen wie Störche. Am ersten Tag waren sie äußerst schreckhaft und flattrig, das hat sich nun gelegt. Die Schnäbel sind zum Glück nicht gekürzt, dafür sind sie extrem lang gewachsen mit weit überstehendem Oberschnabel.

Eier haben sie nur am 1. und 2. Tag "gelegt" = verloren, dann keines mehr. Ich denke, das hat die Nahrungsumstellung bewirkt. Sie können nichts mit Gras anfangen, müssen wirklich ALLES erst lernen. Die ersten "menschlichen" Regungen waren: scharren u. picken und in der Sonne baden mit ausgestreckten nackten Federkielen. Die Kämme sind umgeknickt und ganz blaß, faßt weiß. Es ist ein Bild des Jammers!!!

Nachteilig ist die Anwesenheit der "normalen" Hühner im gleichen Stall. Die Neuen werden recht heftig gepickt. Wenn die "Großen" schlafen gehen wollen, wuseln die Neuen im Stall rum und denken nicht an Ruhe. Sie kennen keinen Tag-Nacht-Rhytmus, was die Großen sehr stört. Sie protestieren auf ihrem Schlafplatz gegen die Störung, so daß ich die Neuen erstmal nachts in einen großen Katzen-Pflegekäfig gesteckt habe und Decken drumgehängt habe, daß Ruhe einkehrt. Mit dem Freigang habe ich so meine Bedenken bei der Schreckhaftigkeit. Die Stalltür steht offen. Sie haben auch vor den Staren u. Spatzen, die zum Futter kommen, Angst. Ich hoffe, sie verirren sich nicht im Hof, wenn sie sich denn raustrauen. Inzwischen ist das Gras höher als die Hühner.

Es ist so grausam, was man mit denen gemacht hat. Und es wäre so schön, wenn noch einige von Euch bereit wären, solche armen Geschöpfe aufzunehmen. Aus Euren Mails weiß ich, daß manche riesengroße Grundstücke haben. Setzen wir als "Hühnerfreunde-Gruppe" ein Zeichen! Halten wir einen "Gnadenhof" für gequälte Hühner!

Die Züchter unter Euch werden sich jetzt vielleicht an die Stirn fassen, ob ich noch normal bin, aber sei`s drum. Kein Mensch hat das Recht, andere Mitgeschöpfe derart zu quälen! Und nur wer kein Gewissen hat, kann das unbeteiligt zur Kenntnis nehmen.

Freundliche Grüße von Gertraude

24. Mai 2001
Neues von der Nackthuhn-Front:
Sie steigen weiter wie die Störche durchs Stroh, geben aber abends Ruhe und lassen die "Großen" schlafen, buddeln sich ein Heunest zum schlafen. Die Legeleistung ist fast gleich Null, Grünzeug lehnen sie weiter ab, Möhren verschlingen sie, kommt aber fast unverdaut hinten wieder raus.

Sie trauen sich nicht aus dem Stall, nach einem zwangsweisen "vor die Tür setzen" stehen sie vor der Tür u. wissen genau, hier wollen sie wieder rein. Die kleinen Gehirne sind lernfähig, nach den paar Tagen!! Den Käfig habe ich heute abgebaut, sie haben heute schön zusehen können, wie man im Sand badet.

07. Juli 2001
Den Nackt-Hühnchen geht es übrigens prächtig. Die langen Krallen u. Schnäbel sind kurzgewetzt, Sie haben alles gelernt, was ein Huhn wissen und können muß. Die Federn sprießen, Eier legen sie in Heunester am Boden, die Kröpfe sind abends dick und voll, man fragt sich, was sie den ganzen Tag über alles finden. Nur die Körper sind noch mager und knochig, kein Wunder, wenn sie fast täglich ein Ei legen, das zehrt aus.

Siehe auch
Batteriehühner - Was muss ich beachten?
Erfahrungsbericht von Erwin Kessler (VGT Schweiz)
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Reaktionen

Mario
Ich finde es gut, was Du machst. Jedoch möchte ich eher keine haben, weil ich mir Sorgen mache sie mit meinen selbstgezogenen zu mischen. Da ich auf Impfungen nicht so arg stehe, diese "armen Schweine" aber gegen alles mögliche geimpft sind, hätte ich zu große Sorgen um meinen Bestand. Und getrennt, also in Quarantäne laufen lassen kann und möchte ich sie auch nicht.
Ist diese Sorge berechtigt?

Langfristig wird aber für jede Henne die bei mir und anderen lebt, und deren Eier verkauft oder sonstwie abgegeben werden, eine Henne weniger in die Batterien kommen.

Dennoch, an deiner Stelle hätte ich es auch so gemacht.

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Heinz
Ich habe die Mail mit Interesse gelesen, weil ich schon mal von so einem Fall gehört habe, wo eine bekannte österr. Tier-Journalistin Käfighühner bei sich aufgenommen hat.

Leider muss ich aber auch hier auf den Konsumenten zu sprechen kommen, der solche Billig-Eier kauft. Solche Personen leisten auch dieser Form der Tierquälerei Vorschub. Dauernd auf die gebeutelten Bauern einzuhauen ist sicher nicht seriös. Nur selten wird ein "tierfreundlicher" Preis erzielt, der auch die Kosten einer artgereichten Tierhaltung berücksichigt.

Sofern ich jedenfalls Eier kaufe, mache ich dies nahezu ausschließlich bei einer Handelskette, die nur Bodenhaltungseier, respektive Freilandeier, anbietet. Freilandeier kosten im österr. Handel jedenfalls ca. 4,- ATS, was 0,57 DM entspricht. Das ist sicher den meisten Leuten zu teuer. Kleintierzücher müssen froh sein, wenn sie 2,5 ATS oder 0,35 DM bekommen.

Siehe auch
Batterie-Eier

Als passionierter Züchter bin natürlich auch ich gegen diese Form der Hühnerhaltung und distanziere mich persönlich davon, offenbar nicht der gemeine Konsument, der auch mit dem Kaufverhalten hier mitwirkt. Zwar hat man in der Aufzuchtperiode meistens einen Überbesatz, doch man sucht dieses Manko mit viel Auslaufmöglichkeit zu kompensieren. Widrigenfalls bremsen Verluste unter den Jungtieren übertriebenen Züchterehrgeiz ein.

Die meisten Züchter aber sind keine Tierquäler und lehnen nicht artgerechte Haltungen mit Sicherheit ab. Auch sie sind Liebhaber der Tiere, wenn auch von einem anderen Ansatz her, als ein Vegetarier oder Leute mit ähnlicher Einstellung.

Auch in der Landwirtschaft allgemein hat in den letzten 15 Jahren ein sich ein allgemeiner Trend hin zur artgerechten Tierhaltung ergeben, was ich zuvor kaum für möglich gehalten hätte.

Ich hoffe sehr, dass alle Teilnehmer an diesem Forum ihren Beitrag leisten und Ihr Umfeld zu überzeugen trachten, dass Billigfleisch und -eier in der Regel mit nicht artgerechter Tierhaltung (sprich: Tierquälerei) zu tun haben.

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Ulrike
deine Schilderung hat mich *sehr* berührt. Es ist wirklich nicht zu fassen, wozu manche Menschen fähig sind. Wer nur auf diesem Wege sein Ein- und Auskommen erwirtschaftet, hat sich nach meinem Empfinden in seiner Menschlichkeit disqualifiziert. (Da gibt es für mich keine Entschuldigung. Das ist für mich einfach unterste ethisch/moralische Kiste. Ich kann auch nicht sagen, "Ich muss den Job als Auftragskiller annehmen, weil ich halt meine Familie irgendwie über Wasser halten muss." ... ) Leider ist es bei uns schon zu voll, wir haben nur einen winzig kleinen Stall, und wenn die Küken groß sind, müssen sich alle eh schon ziemlich quetschen in der Nacht, sonst würde ich keinen Augenblick zögern, mir ganz schnell auch ein paar dieser erbarmungswürdigen Wesen aus den Käfigen holen und herschaffen zu lassen, auch wenn es mit Sicherheit für die armen Tiere nicht leicht ist, sich in ihrer ungewohnten, neuen Freiheit stressfrei zurechtzufinden. Doch vielleicht gelingt es irgendwann, und vielleicht wachsen dann auch die Federn nach ...

Ich finde deinen Bericht so wichtig, (vielleicht erreicht er ja doch den ein oder anderen Konsumenten, der sein Billig-Ei aus dem Supermarkt anschließend mit ein wenig mehr Nachdenklichkeit betrachtet - obwohl er das nach den Fernsehdokumentationen längst tun müsste. Doch wer weiß ... solche Geschichten und Hinweise kann es m.E. nicht oft genug geben.

Katrin
Nicht, daß ich für Käfighaltung jeglicher Art bin (die sind ja jetzt sowieso vom Tisch), aber wir sollten unser oft antropozentrisches Verhalten den Hühnern öfter mal hinterfragen. Als Mensch etwas "aus Sicht der Hühner" beurteilen zu wollen, ist unmöglich.
(...) alle, die Batterie-Hühner aufgenommen haben, beschrieben, daß die Hühner lange Zeit große Angst in der neuen Umgebung ausgestanden haben. Tagelange Panik gegen einen schnellen Tot - ist das tierschutzgerecht??

Jochen
Ich habe immer mal wieder ein oder zwei Batteriehennen aus Hühner-KZs der Umgebung geholt, teils zur Gewissensberuhigung, teils um meinen Nachbarn die Lust auf die "Frischen Eier" aus dem Lieferwägelchen der Eierfrau zu nehmen.
Mir ist nie aufgefallen, dass die Hennen besonders panisch waren. Rescue auf den Schnabel und in die Federn alle 30 Minuten ab Kauf hat immer geholfen. Die Girls saßen dann mehr verdutzt als verängstigt im Gras und begannen spätestens am nächsten Tag ihr neues Umfeld zu erobern.

Siehe auch
Rescue-Tropfen
Batterie-Eier

 

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