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"Ob wir jemals ein Fazit ziehen können in absehbarer Zeit über
die hoffentlich dann erfolgreiche Bekämpfung der Vogelgrippe ist
sicherlich zweifelhaft. Aber trotz aller Unwägbarkeiten und leider
immer wieder neuen Meldungen über Verdachtsfälle oder auch nachgewiesener
Fälle bei Tieren und in einigen Gebieten der Welt auch bei Menschen,
möchte ich die Gelegenheit dieses Gesprächs nutzen um ein vorsichtiges
Zwischenfazit aus der Sicht der Rassegeflügelzucht zu ziehen.
Ich weiß aus ungezählten Gesprächen und vielen Zuschriften
wie sehr dieses Thema unsere Züchter beschäftigt - nur eines
ist auch klar: ein Patentrezept gibt es nicht, auch wenn das hin und wieder
behauptet wird.
Das Gespräch mit den Herren Dr. Bätza und Dr. Weinandy vom Tierseuchenreferat
war natürlich nicht der erste Kontakt mit dem Ministerium, wie offensichtlich
einige Züchter glaubten und es, aus welchen Gründen auch immer,
auch von Teilen der Fachpresse fälschlicherweise dargestellt wurde.
Der ständige Kontakt mit den notwendigen Informationen gehört
einfach zum Tagesgeschäft des BDRG, seit mehr als zwei Jahren sind
wir im Verteiler des Bundesministeriums enthalten und erhalten dementsprechend
die Informationen, die wir dann nach Möglichkeit auch umgehend über
das Internet weiter verbreiten, so dass sich unsere Züchter und andere
Interessierte jederzeit informieren können.
Für viele ist es offensichtlich aber ein Problem zwischen den vielen
Nachrichten aus den allgemeinen Medien, den leider nicht immer identischen
Meldungen der Landesministerien, noch weiter voneinander abweichenden
Meinungsäußerungen örtlicher Veterinärbehörden
und den Mitteilungen des Bundesministeriums zu unterscheiden. Und in diesem
Punkt, das hat Dr. Bätza noch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht,
kann er uns natürlich auch nicht helfen, das liegt nicht in seinen
Einflussmöglichkeiten.
Der Termin 13. Januar war langfristig geplant, wie der ganz aktuelle Stand
der Gefahrenabschätzung sein würde konnte dabei keiner vorher
sagen, und vielleicht haben wir wenn sie diese Zeilen lesen ja schon wieder
eine ganz neue Lage. Er war insofern dann zufällig günstig,
dass die Zuspitzung der Situation für die Gefährdung in Europa
speziell in Deutschland durch die Meldungen aus der Türkei neue Brisanz
bekommen hatte und, dass andererseits gerade am Tag vorher eine Besprechung
der zuständigen Länderminister mit dem Bundesminister Seehofer
in Berlin stattgefunden hatte und somit die unterschiedlichen Auffassungen
der politisch Verantwortlichen gerade nach dem neuesten Stand bekannt
waren.
Nach der ausführlichen Darstellung durch die Vertreter des Ministeriums
wie die jeweiligen Gefährdungsabschätzungen auch mit Hilfe wissenschaftlicher
Institute wie dem Friedrich-Löffler-Institut, Bundesforschungsinstitut
für Tiergesundheit, hatten wir als Verantwortliche im BDRG nachhaltig
die Gelegenheit unsere Probleme zu schildern und unsere Vorstellungen
darzulegen.
Ich hatte jedenfalls den Eindruck, dass die Probleme durch die ständigen
Kontakte durchaus wahrgenommen worden sind - was bei der Vielzahl von
"Lobby-Vertretern" mit denen sich ein Ministerium mit dieser
Aufgabenstellung auseinander zu setzen hat - und auch angemessene Berücksichtigung
finden. Bei meinem Grußwort anlässlich der Nationalen in Dortmund
in Anwesenheit des Nordrhein-Westfälischen Landwirtschaftsminister
Uhlenberg hatte ich darauf hingewiesen, dass wir als Rassegeflügelzüchter
einen Sonderstatus brauchen in Abgrenzung zur Wirtschaftgeflügelzucht,
die natürlich bei allen Diskussionen ein erhebliches Gewicht hat.
Unsere Rolle wäre etwa vergleichbar mit der für Zootiere. Minister
Uhlenberg hatte in Dortmund erklärt, dass er sich im Kreis der Länderkollegen
dafür einsetzen würde, dass uns dieser Status auch im Hinblick
der Möglichkeiten des Impfens zugestanden werden soll. Vor seiner
Fahrt nach Berlin, am 11. Januar, hatte ich noch die Gelegenheit ihn im
persönlichen Gespräch nachdrücklich daran zu erinnern.
Dies wird jetzt im Februar zunächst noch wieder Hauptthema einer
Konferenz der Fachleute aus den Landesministerien sein, um es dann erneut
im Kreis der Minister zu erörtern. Und dann kommt noch die Hürde
Europa. Auch hier werden wir durch persönliche Gespräche, die
uns Dr. Heinrich aus Leipzig aufgrund seiner beruflichen Beziehung vermitteln
wird, vorstellig werden.
Entsprechenden Forderungen des Europa-Verbandes der Kleintierzüchter
haben wir uns angeschlossen, aber persönliche Gespräche bringen
erfahrungsgemäß eher Erfolg.
Unsere Hauptforderung gegenüber dem Ministerium war und bleibt der
Erhalt aller Rassen zur Sicherung lebendigen Kulturgutes und der Genvielfalt.
Da wo dieses Ziel bedroht wird müssen Politik und Verwaltung und
Züchterschaft eng zusammen arbeiten. Wir begrüßen alle
Maßnahmen wie Handelsbeschränkungen, Verhinderung illegaler
Importe von Geflügel, Geflügelprodukten etc. aus Ländern
in denen akute Fälle aufgetreten sind. Die Wirksamkeit bestimmter
Kontrollen und notwendigen Verbesserungen im einzelnen sind angesprochen
worden und z.T. auch schon in der Umsetzung. Mit all diesen Maßnahmen
sind wir nicht nur einverstanden, sondern wir fordern sie auch in unserem
Interesse ein. Erhalt der Rassen bedeutet für uns aber auch art-
und rassegerechte Haltung unter Berücksichtigung des Tierschutzes
und Möglichkeiten zur jährlichen Nachzucht. Weil die Aufstallungspflicht
in ihrer Wirksamkeit ohnehin stark angezweifelt wird und diese bei manchen
Arten, insbesondere Ziergeflügel und Wassergeflügel, Nachzucht
unmöglich macht, sind wir mit unseren Forderungen durchaus auf Verständnis
gestoßen. Das heißt, dass wir von der Politik erwarten, dass
wenn die vorangekündigte eventuelle Stallpflicht verordnet werden
sollte, die Gefährdungsabschätzung ganz gewissenhaft vorgenommen
werden muss. Gegebenenfalls kann sie regional sinnvoll sein für Bereiche
in denen erfahrungsgemäß Zugvögel in großen Mengen
Rast machen unter Berücksichtigung der Gebiete wo sie herkommen.
Darüber hinaus müssen für Wassergeflügel Ausnahmen
möglich sein, evtl. unter tierärztlicher Kontrolle.
Auch die Zahl der Tiere (unter 100) könnte ein Ausnahmekriterium
sein, weil solche Ausläufe kaum das Ziel von Zugvögeln sind
und das Einschleppungsrisiko auch wissenschaftlich gering eingestuft wird.
In der Frage der Impfung besteht im Augenblick keine Chance, dass vorbeugend
eine Schutzimpfung wie wir sie bisher von der Geflügelpest her kennen
genehmigt wird. Aber es besteht Einvernehmen, dass bei einer gravierenden
Verschärfung der Situation Notimpfungen möglich sein müssen.
Es besteht Einvernehmen, dass es selbst bei einem Ausbruch der Seuche
nicht flächenmäßig zur Tötung allen Geflügels
kommt (wobei man die Wildvögel ohnehin nicht erfassen würde)
sondern sicher zur Tötung des einzelnen betroffenen Bestandes, aber
darüber hinaus zu bestimmten Schutzzonen, in denen je nach Gefährdung
entsprechende Einschränkungen zu beachten und Maßnahmen durchzuführen
sind. Selbst im Falle einer Notimpfung ist die Zustimmung der EU-Behörde
erforderlich, die aber wohl erteilt würde. Die Forderung müssen
wir gegenüber Brüssel immer wieder deutlich machen.
In den vergangene Monaten sind wir durch die laufenden Änderung
der Gefahrenabschätzung immer wieder von neuen Eilverordnungen überrascht
worden. Natürlich erfordern neue Lagen auch evtl. neue Maßnahmen,
aber es muss deutlich sein, dass diese Maßnahmen auch auf nachvollziehbare
Wirkung hin erfolgen und nicht nur als Aktionismus, damit man sagen kann,
dass man "ja was getan hat". Deshalb haben wir nochmals betont,
dass wir noch stärker im Vorfeld von Entscheidungen einbezogen werden
möchten, um spezielle Angelegenheiten der von uns betreuten Arten
dabei einbringen zu können.
Bezüglich der Behandlung unserer Rasse- und Ziertauben hat Dr. Bätza
erklärt, dass es hier bei
der bisherigen Praxis bleibt und Tauben von allen Maßnahmen nicht
betroffen sind .Es ist unglücklich, dass in allen Papieren (Gutachten
etc.) immer von Brieftauben die Rede ist. Wir haben darauf hingewiesen,
dass es sinnvoller ist zumindest bei allen amtlichen Texten den Begriff
"Tauben" zu verwenden.
Welche Auswirkungen sich für die nächste Schausaison ergeben
für alle Schauen und für die geplante Europa-Schau in Leipzig
kann im Augenblick noch nicht eingeschätzt werden. Wir haben noch
einmal darauf hingewiesen - wie ich es in meinem Schreiben an mehrere
Länderministerien im Frühherbst 2005 bereits getan habe - dass
die Berührung mit Wildvögeln durch unsere Schauen völlig
ausgeschlossen ist. Die Tiere werden in geschlossenen Behältern transportiert
und in geschlossenen Räumen ausgestellt, im Gegensatz zu manchen
Geflügelmärkten. Auch besteht Einigkeit, dass es sinnvoller
ist eine Einlasskontrolle gewissenhaft durchzuführen als eine teilweise
sehr kostenintensive Begutachtung des ganzen Bestandes. Bei Verdacht von
Erkrankungen besteht ohnehin eine Meldepflicht.
Wir werden versuchen rechtzeitig möglichst klare Verhältnisse
zu schaffen, denn neben der erfolgreichen Zucht sind die Ausstellungen
ein wesentlicher Bestandteil unserer Tätigkeit. Das Gespräch
fand nicht nur in angenehmer Atmosphäre statt, sondern war auch getragen
von gegenseitigem Bemühen, die Zukunft unserer Rassegeflügelzucht
zu sichern und sie bei allen Interessenabwägungen angemessen zu berücksichtigen.
Natürlich wissen wir, dass letztlich die Politiker die Entscheidungen
treffen, aber es ist schon nicht
unwichtig, wie die entsprechenden Vorlagen erarbeitet werden. Wir bauen
auf weitere guten Kontakte zu dieser Arbeitsebene und werden uns auch
um den Ausbau der Kontakte zu den entscheidenden politisch Verantwortlichen
bemühen. Hier hatte es, wie viele wissen, seinerzeit nach der letzten
Nationalen in Frankfurt einen gewissen Bruch gegeben. Meine im Glückwunschschreiben
an Minister Seehofer ausgesprochen Bitte um einen Gespräch mit ihm
persönlich ist nach Angaben aus dem Umfeld des Ministers positiv
aufgenommen und es soll in Kürze einen Termin geben.
Allen Verantwortlichen in den Landesverbänden kann ich nur die Empfehlung
geben, auch auf dieser Ebene die teilweise sehr guten Verbindungen zu
pflegen oder - wo nötig - entsprechende aufzubauen.
Ich bedanke mich bei allen Zuchtfreunden, die in den vergangenen Wochen
durch persönliche Kontakte zu
unterschiedlichsten Stellen unsere Bemühungen unterstützt haben.
Allen Züchterinnen und Züchtern wünsche ich trotz vieler
Sorgen das nötige Durchhaltevermögen und hoffentlich
Freude an einer gesunden und vitalen Nachzucht 2006!"
Wilhelm Riebniger
- Präsident des BDRG -
Aviäre Influenza - Pressemitteilung BDRG Januar 2006
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