
Zitat von
sil
roksi, ich versuche es wirklich, aber anscheinend ist mein geistiger Horizont viel zu beschränkt, um deiner Argumentation folgen zu können. Anders gesagt: Wenn etwaas für den einen schlüssig ist, ist es für den anderen noch lange nicht rund.
Du schreibst, der Mensch ist nicht zum Töten geschaffen. Ich meine, seit der Mensch gelernt hat, daß er töten kann, hat er es zum einen perfektioniert und zum anderen auch pervertiert. Es nicht mehr nur zum Zweck des satt werdens angewandt, sondern gleich als Lösung für alle Probleme, die ihm begegnet sind. Der Wolf bedroht meine Herde? Mach ihn tot. Der Nachbar hat etwas, was ich will? Mach ihn tot. Die Made frisst meinen Kohl? Mach sie tot. Das Reh knabbert in meinem Wald? Mach es tot. Ein Biberfell würde sich gut machen als Kragen an meiner Jacke? Mach den Biber tot. Eine Nation will Krieg? Machen wir gleich alle tot....
Wie oft mußtest Du bisher deinen Kindern klarmachen, daß Gewalt nicht die beste aller Lösungen ist? Oder sind sie ganz ohne dein Vorbild oder zumindest gelegentliches erzieherisches Eingreifen immerzu schon friedfertige, sanfte Mitglieder eurer Familie gewesen?
Du unterstellst allen, die Fleisch essen, sie täten es aus reiner Freude am Genuss? Was ist mit denen, die wenig andere Möglichkeiten sehen, satt zu werden? Der Rentierhirte im tiefsten Sibierien wird wohl nicht aus reiner Freude am Genuss lieber das Rentier essen als das Moos, das sonst das Rentier ernährt (obwohl Rentier einem degenerierten industrialisierten Gaumen sicher besser schmeckt als Moos) sondern aus reinem Überlebenswille. Warum machen sich die Ureinwohner Grönlands die Mühe, mit ihren Kajaks aufs Meer zu fahren um zu fischen, sie könnten ja auch den Tang vom Strand einsammeln? Oder hätten ihre Vorfahren gleich so vernünftig sein sollen, sich gar nicht erst da anzusiedeln, wo man von Pflanzen nicht satt wird? Aber das hätten sie ja nur dann bleiben lassen können, wenn töten zum Nahrungserwerb für sie tatsächlich ein Problem gewesen wäre.
Angenommen, du würdest in einer Welt leben, die wenig für dich verwertbare pflanzliche Nahrung bereit hält? Würdest Du trotzdem auf Fleisch verzichten? Würdest Du in Kauf nehmen, daß deine Kinder nicht genug zu essen haben, vielleicht kümmern und sterben, nur weil du im essen von Fleisch ein tadelnswertes Handeln siehst?
Angenommen, es gäbe da wo du jetzt lebst, keine Läden, ken übers ganze Jahr verfügbares Angebot an Nahrungsmitteln nicht tierischen Ursprungs. Du und deine Familie müßten allein von dem leben, was ihr selber erzeugt. In guten Jahren kommt ihr vielleicht mit dem was ihr anbaut über die Runden, aber was, wenn die Läuse, Raupen, sonstige Viecher eure Ernte dezimieren? Wenn Rehe und Hasen euren Garten kahl fressen? Wenn ihr feststellt, daß weder Klima noch Boden dazu taugen, eine ausreichende Menge an einer veganen Ernte zu garantieren, eine Kuh, ein paar Ziegen oder ein Schwein aber von dem, was wächst, mehr als satt würden?
Du sagst, deine Familie zwingt dich dazu, Hühner zu halten, Küken zu ziehen, und das "System" zwingt dich, deine Hähne zum Töten abzugeben? Ersteres ist für mich nicht nachvollziehbar, denn würden Deine Überzeugungen wirklich ehrlich und echt sein, dann könnte niemand, schon gar nicht deine Familie, dich dazu bringen, so faule Kompromisse einzugehen. Und das "System"?? Was hat das System damit zu tun, daß du einen Hahnenüberschuss loswerden willst? Lass deine Hühner doch einfach auf deinem Grundstück laufen, wie sie lustig sind. Habicht, Fuchs, Katzen, vielleicht das eine oder andere Auto wird den Bestand sehr bald soweit regulieren, wie "die Natur" es für richtig hält. Daß deine eigenen Vorstellungen dabei nicht berücsichtigt werden können, ist der Preis, den Du bezahlst für eine "natürliche" Haltung von Haustieren. Der Preis, den deine Hühner dafür bezahlen, ist ungleich höher, denn jedesmal, wenn eins Beute eines Fleischfressers wird, bezahlen die Überlebenden mit Stress. Wenn ich abends einen Hahn von der Stange pflücke, um ihm (ja, widerwillig, ich tu es sicher nicht gerne) sein Leben zu nehmen, tangiert das alle anderen nur am Rande. Holt aber der Habicht ein Huhn, bringen sich alle anderen in Sicherheit, wagen sich für Stunden nicht mehr aus der Deckung und sind für viele Tage auffallend nervös.
Sicher, es ist keine Lebensnotwendigkeit mehr, Tiere selbst zu töten, aber es ist trotz aller theoretischer Verrenkungen ein Teil der menschlichen Natur. Und Fleisch zu essen hat seit dem Beginn der Menschwerdung bedeutet, da zu überleben wo die Nahrungsgrundlage für eine rein auf Pflanzen ausgerichtete Ernährung nicht ausreichte, bzw war es immer eine sehr willkommene Aufwertung der Kost auch da, wo essbare Pflaanzen im Überfluss wachsen.
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