Jeder hat oder hatte eins, vielleicht sogar mehrere. Angeberhühner. Das sind die, mit den witzigsten Hintergrundstories, den besten Charakterzügen oder dem schönsten Aussehen. Die, deren Bilder man Verwandten und Freund*innen zeigt. Und weil wie bereits gesagt jeder eins Hatz oder hatte, fühlt euch frei, diese Stories hier zu erzählen. Ich fange einfach mal an.
12.06.2021
1 1/2 Stunden dauert die Fahrt zu dem Züchter, von dem ich 6 Hennen holen möchte. Eigentlich sollten die alle derselben Hühnerrasse angehören, diesen Vorsatz schmeiße ich allerdings so ziemlich direkt über Bord, als ich die bunte Vielzahl an Hühner sehe, die in mehreren Volieren rumgackern. Die Zwerg Cochins haben mir es besonders angetan. Alle sehen etwa gleich aus. braue Federn mir schwarz weißen Tupfen. Nur eine der Hennen sieht anders aus. Viel heller als die anderen. „Die helle da auch noch“, sage ich, und der Mann holt auch diese aus der Voliere und packt sie zu ihrer braune Schwester in den Karton. Wir fahren also mit 6 Hühnern nach Hause. 2 Zwerg Wyandotten, 1 Zwerg Holländer, ein Zwerg Brahma und natürlich die beiden Cochins. Zuhause angekommen kann ich keine Minute mehr im Haus bleiben. Erste Zähmungs Versuche bleibe zwar Erfolglos, aber die 6 Hennen fangen an mir zu vertrauen. Alle 6 bekommen einen Namen. Die helle Cochin Dame nenne ich Minnie, auch wenn sie nicht die Kleinste im „Rudel“ ist. Das stört meine Mutter so sehr, dass sie sich den Namen dieser Hene nie merkt, sondern sie immer nur „die Kranke“ nennt. Wieso? Das kommt später noch. Erster Abend. Ich bin überrascht, wie viele der Zwergis schon drin sind. 5. Nur Minnie nicht. Mit einem Ast von unserem Haselnuss Strauß versuche ich, sie unter dem Stall weg zu bekommen. Irgendwann bekomme ich sie zu packen, unter erbostem Gackern und einigem Hacken in meine Hand sitzt sie neben ihrer Schwester Lilly auf der Stange. Holpriger Start.
Sie entwickelt sich schnell zum Rang niedrigsten Tier, wird vom Essen weg gehackt und erkältet sich dann auch noch. Sie wird also gesund gepflegt, jeden Abend wird, zu ihrem Ärgernis, das Auge, das nicht aufhören will zu schäumen, mit kolloidalen Silber abgesprüht. Es hilft. Sie isst mehr, wird runder und vor allem; zahmer. Sie ist die erste, die mir aus der Hand frisst. In meinem Schoß sitzt. Nicht panisch wegrennt, sobald ich in ihre Nähe kommen. Und das Zwerg Brahma Molly us ihre Schwester Lilly machen ihr es bald nach.
Eines Abends, die automatisierte Hühnerklappe des Stalls schließt mal wieder bevor die Hühner es rein schaffen, gucke ich wie gewohnt in den Stall und sehe…. Nichts. Panik. Angst. Um meine 6, die ich den letzten Monaten so lieb gewonnen hatte. Sofort suche ich. Finde 5, in Bäumen, unter dem Stall und eines auf dem Kompost der Nachbarn, der direkt an unseren Zaun grenzt. Nur Minnie nicht. Gegen den immer größeren Drang, einfach mit Weinen anzufangen ankämpfend gucke ich weiter und finde sie in dem Zaun zu unseren anderen Nachbarn. ja. IN dem Zaun. Die Maschen sind relativ groß und obwohl sie nur aus dünnem Draht bestehen, sitzt Minnie in so einer Masche. Erleichterung. Nehme sie vorsichtig raus und setze sie neben ihre Schwester.
Und irgendwann, letztes Jahr im Sommer um genau zu sein, kommt was kommen musste. Minnie will unbedingt gluckschen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits einmal brüten lassen. Molly. Ihr Küken, das aus einem Ei schlüpfte welches ich von meinem Opa hatte, wurde ein Hahn, der gigantisch groß wurde. Und leider auch dementsprechend laut krähte. Zu laut für diese eine Nachbarin. Die eigentlich auch sehr weit weg wohnte. Aber sie konnte sich nicht beim Home Office konzentrieren. Also kommt Eddie, den ich davor ein halbe Jahr lang Elfie nannte, dahin, wo er herkam, zu meine Großvater, dessen Hybridhühner seiner Größe auch eher entsprachen. Eigentlich wollte ich also keine Küken mehr und fing an sie zu entglukschen. Dachte, einen Tag und eine Nacht im Hamsterkäfig ohne Eintreu und sie wird die Lust verlieren. Aber nein. Sie brütete alles, egal wo. Ob die sowieso unbefruchteten Eier meiner Hühner oder das Futterschälchen in dem Hamsterkäfig, ob auf dem harten, kühlen Steinboden oder dem roten Plastikboden des Käfigs, sie war nicht aufzuhalten. Also doch Eier gekauft. Extra eine Zwerg Rasse, Zwerg Strupphühner, damit, falls ein Hahn schlüpft, er trotzdem bleiben kann. Ich glücklich und voller Vorfreude, sie glücklich und voller Vorfreude. Am Abend des nächsten Tages, den ich komplett weg von zuhause verbrachte, gucke ich also auf das Nest und seheeeeee…… nichts. Also schon was, zwei einsame Eier. Ich gucke nach rechts. Und da sehe ich dann Minnie, die sich anscheinend nach ihrer kurzen Aufstehen Pause dachte, sie könnte es ja nochmal mit den unbefruchteten Eiern MEINER Hennen probieren. In der nächsten Woche also neue Bruteier gekauft und dieses Mal klappte es.
Einige Wochen später. Die Küken sind da, haben schon einige Federn. Den schwarzen nannte ich, als begeisterter Marvelfan, Loki, die hellere, gestreifte, Frida. Und dann kommt der Abend. Genau der, an dem ich vergesse zu schauen, ob alle Hühner und Küken im Stall sind. Genau der, wo ein Marder kommt, Frida frisst und Minnie bei dem Versuch, ihr Küken zu verteidigen, verletzt. Ich finde Minnie blutverschmiert im Zaun hängen und Loki vollkommen geschockt, aber unverletzte, bei der Garage sitzen. Zwei Tage frisst Minnie nichts. Zwei Tage habe ich Angst, dass sie stirbt. Aber nein „Die Kranke“, wie meine Mutter sie immer noch störrisch wegen der Erkältung nannte, ließ sich nicht unterkriegen.
Dann wird ihr Zustand dieses Jahr wieder schlechter. Mein kleines Rudel hatte sich in den letzten Jahren immer wieder um ein Huhn reduziert und erhöht, und so ware von den sechsen vom Anfang nur noch 3 übrig. Ihr Kamm wurde dunkler, aber sie war fit. Lief mit dem typischen raschelnden Geräusch auf mich zu, dass ihre Federn an den Beinen machten. Von einem Tag auf dem anderen dann, ging es ihr sehr schlecht. Morgens sitzt sie auf dem Kotbrett, obwohl sie am Abend davor noch bei ihrer Schwester auf der Stange saß. Ich überlege kurz, sie mit rein zu nehmen, aber ich muss in die Schule. Also setzte ich sie auf den Boden, will sie nicht von ihrem Zuhause und ihren Freundinnen trennen. Habe es schon im Gefühl, dass sie diesen Tag nicht überleben wird. Eine Tränke in ihrer Nähe und dann laufe ich zur Bushaltestelle. Denke den ganzen Tag immer wieder an sie und bin Mittags dann endlich zuhause. Finde sie tot im Stall. Nehme ihren steifen Körper hoch. Schneide ein paar ihrer Federn als Erinnerung ab. Realisiere erst Abends, dass ich sie nie wieder freudig auf mich zu rennen sehen werde. Ich glaube, diese kleine Zwerg Cochin Henne ist eines dieser „Once in a lifetime“ Tiere. Ich bin so so dankbar, dass ich die Ehre hatte, sie in meinem Stall sitzen zu haben und dass sie mir jeden Tag versüßt hat.
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