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Thema: Erlösen eines Kükens

  1. #91

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    Ja, Melachi und Okina, Ihr sprecht mir aus der Seele !
    Soviele schöne Worte sind mir nicht gekommen, ich hoffe es hilft (überzeugt).
    Marans goldhalsig und silberhalsig

  2. #92
    Avatar von ***altsteirer***
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    @okina:

    Mit "nachsichtiger" meinte ich nicht das Durchziehen stark beeinträchtigter, kaum richtig lebensfähiger Individuen, sondern eher das Päppeln des einzelnen Kükens, das bei Glucke und Geschwistern nicht richtig Anschluss halten kann.

    Wobei ich mir auch nicht anmaßen möchte einem Kuschelhuhn mit dauerhafter Behinderung jedewede Lebensqualität pauschal abzusprechen. Einfach weil ich noch nie eins hatte und deswegen keinerlei eigene Erfahrung habe.

    Ich weiß von Fällen im Bekanntenreis, in denen behinderten Tieren ein lebenswertes Leben ermöglicht wird, die man als Außenstehender auf den ersten Blick "erlösen" möchte.
    Voraussetzung ist, dass die Besitzer ein wirklich feines und möglichst objektives Gespür dafür haben, ob das Tier ordentlich Lebenswillen mitbringt und sich mit der Einschränkung arrangiert, oder ob es nur dahinsiecht.

    Und diese Leute, die situationsbezogen und einzelfallabhängig handeln, verdienen sich schon meinen Respekt. Es erfordert nämlich schon einen differnzierteren Blick, als das sofortige "Erlösen" von allem was mal 3 Tage humpelt oder das foltergleiche Dauerbehandeln von allem was irgendwie noch atmet.

    Liebe Grüße, Markus
    4.29.31 Altsteirer

    "Alles, was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand." Charles Darwin

  3. #93
    Avatar von Blindenhuhn
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    Für mich ist ein Tier so lange wert, behandelt zu werden, so lange es selber frisst (Tierkinder ausgenommen), trinkt und nicht apathisch ist. Und das kann – je nach Krankheit/Verletzung – auch einmal länger als ein paar Tage dauern. Da mache ich auch keinen Unterschied zwischen Wild- und Haus- bzw. Nutztier.
    Ich bedauere euch sehr, dass ihr dieses Gefühl, einem Tierchen wieder Lebensqualität gegeben zu haben, offensichtlich nicht kennt. Es gibt nichts Schöneres, als einen Mauersegler wieder in der Luft zu sehen, einem überwinterten Igel wieder in die Freiheit zu entlassen oder ein Hühnchen, das seine Beine nicht mehr benützen konnte, wieder scharren und laufen zu sehen. (Oft genug ist leider auch der letzte Gang zum TA oder der Griff zum Beil nötig, wenn die Zeit gekommen ist). Klar, man benötigt sehr viel Zeit und Geduld, die Tiere genauestens zu beobachten. Zum Glück habe ich beides.
    Und ein Tier-Messie ist für mich z. Bsp. jemand, der 15 Katzen in einer 1-Raum-Wohnung hält.
    Das Problem dieser Welt ist, dass die intelligenten Menschen so voller Selbstzweifel und die Dummen so voller Selbstvertrauen sind.
    Charles Bukowski

  4. #94
    Moderator Avatar von Lisa R.
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    Dazu schreibe ich Euch mal die Geschichte meiner Lina auf.

    Lina war ein Kamerunschaf. Die Aue lammte wohl direkt im Eingang zum Unterstand. Irgendwas muss die Herde beunruhigt haben.
    Als ich morgens zum Stall kam, war das neugeborene Lamm erst nicht zu sehen. Ich musste es regelrecht aus der Einstreu ausbuddeln.
    Es war wirklich in den Boden getrampelt - aber es lebte. Schwach und kaum noch wahrnehmbar - aber da war noch Leben in dem Winzling.

    Ich nahm die Kleine mit nach Hause. Die Mutter hatte es schon aufgegeben.

    Lina wurde aufgewärmt und nahm problemlos die Flasche. Nach ein paar Stunden war sichtbar, dass sie nicht stehen konnte. Na gut mal abwarten, getötet ist schnell. Auch meine damalige Tierärztin war dieser Ansicht. Schmerzen hatte Lina offensichtlich keine oder kaum.
    Sie war "wach" und hungrig. Wenn man sie hinstellte, blieb sie stehen. Selbst aufstehen und laufen konnte sie nicht.
    Nach 2 Tagen haben wir die Beinchen bandagiert und so stabilisiert, dass sie halbwegs lief. Aufstehen ging nicht, laufen ohne Bandagen auch nicht. Aber Lina war ansonsten ein normales munteres kleines Lamm.

    Nach einer weiteren Woche mit unverändertem Zustand, setze ich ein Ultimatum. Noch 3 Tage - wenn sie dann nicht aufsteht/läuft, wird sie eingeschläfert. Ein Schaf, das nicht Laufen kann ist nicht lebensfähig.
    Lina hat ihr Schicksal ausgereizt bis zur letzten Minute. Am dritten Tag stand sie plötzlich in ihrer Kiste. Damit war es entschieden. Wir machen weiter. Die Beine waren immer noch schwach und irgendwie lahm. Aber Lina kam zurecht.

    Ich hatte zu dieser Zeit noch 4 andere Flaschenlämmer im großen Keller untergebracht, Fuchsschafzwillinge und 2 Merinolämmer - alle doppelt so groß wie Lina. Trotzdem fand ich sie bei ihren Argenossen besser aufgehoben als bei den Hunden im Haus. Wir hatten vorher schon mal ein Lamm, das fest davon überzeugt war ein Hund zu sein - Lina sollte ein Schaf werden also kam sie in den Keller.

    Laufen war schwierig, die Beinchen gehorchten ihr nicht immer. Trotzdem machte sie jeden Sch... mit, den die anderen anfingen. Ständig musste ich die Bagage im anderen Keller einfangen - Lina immer mitten drin. Wie sie es schaffte die 70 cm hohe Absperrung zu überwinden? Keine Ahnung.

    Lina wurde erwachsen, war aber behindert. Sie blieb sehr klein, lief "unrund" und hatte auch eine leichte geistige Behinderung. Aber sie war absolut liebenswert, ging ständig an meiner Seite. In der Herde kam sie gut klar. Sogar die Hunde räumten ihr Sonderrechte ein - Lina wurde außen vor gelassen, musste nicht "gehorchen".

    Obwohl sie nie in die Brunft kam und wir sie während der Deckzeit aus der Herde nahmen, dass auch ganz sicher nix passiert, war sie total nett zu den kleinen Lämmern. Alle durften mit ihr kuscheln, nie hat sie eines weggeschubst.
    Dadurch wurde Lina die Ziehmutter für alle Flaschenlämmer der folgenden Jahre, jedes mutterlose Lamm wurde von ihr adoptiert, gewärmt und geführt. Das hat mir die Aufzucht so erleichtert, nur füttern musste ich - um alles andere kümmerte sich Lina. Sie war einfach unbezahlbar, hat alle Tierarztkosten und Mühen 100fach wieder eingebracht und mir viel Arbeit gespart.

    Lina wurde 8 Jahre alt und hat mir gezeigt, dass behinderte Tiere sehr wohl ihren Unterhalt selbst verdienen können und nicht nur unnütze Fresser sind.
    Geändert von Lisa R. (12.02.2018 um 09:21 Uhr)
    ....... Die Frau Werwolf sagt: "Des g'höööööööööört so !".......
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    Wir wichteln wieder !!!!!

  5. #95
    Selbermachenmüsser
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    Eine schöne Geschichte.
    Markus und Lisa haben es für mich auf den Punkt gebracht. Es ist für mich auch entscheidend ob das Tier den nötigen Lebenswillen mitbringt.
    Wenn das Tier mir zeigt, dass es leben möchte, dann werde ich alles in meiner Macht stehende versuchen um den Lebenswillen des Tieres zu unterstützen. Auch wenn es sich dabei um "Nutztiere" handelt.
    Ich habe hier aktuell eine 12 Jahre alte Aue, die ein Lied davon singen kann. Als drittes von Drillingen zur Welt gekommen, von der Mutter verstoßen, Fruchtwasser in der Lunge und ziemlich schwach. Dennoch hat das Lamm damals immer wieder versucht aufzustehen und zu trinken. Also Flaschenaufzucht. Wer das mal gemacht hat, der weiß vieviel Arbeit eine Flaschenaufzucht bei Lämmern macht.
    Sie dankte es mir doppelt. Zum einen ist sie durch die Flaschenaufzucht handzahm, so dass sie zum Leitschaf wurde. Mit ihrer Hilfe kann ich meine Miniherde mit 14 Tieren problemlos ohne Hund führen. Sie sorgt dafür dass alle zusammen bleiben und läuft mir immer hinterher.
    Aber der größte Dank war, dass sie schon zweimal Lämmer einer anderen Aue übernommen hat, die diese verstoßen hatte. Das ist äußerst selten und gelingt meist nur mit vielen Tricks und Bemühungen. Sie hat von sich aus die Lämmer gesäugt, das habe ich so noch nie von jemandem gehört und ich weiß sicher, dass die Lämmer nicht von ihr waren.
    Grüße Chris

    "Wu de Hasen Hoosen hessn unn de Hosen Huusen hessn, do si me derhämm!"

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  6. #96
    Avatar von ***altsteirer***
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    @Lisa und @majorlo:

    Was für schöne Geschichten

    Nicht so richtig huhnig, aber schön!

    Liebe Grüße, Markus (dessen Schafe bislang zum Glück alles alleine hinkriegen)
    4.29.31 Altsteirer

    "Alles, was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand." Charles Darwin

  7. #97
    Erbsenzähler Avatar von eierdieb65
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    Vielleicht haben wir hier endlich den Unterschied benamt:

    Ihr entscheidet, ob das Tier leben will (durch Blicke?), ich entscheide, ob das Tier überleben kann, ohne Hilfe.

    Vergiften kommt trotzdem nicht infrage.


    lfg
    Willi

  8. #98
    Avatar von SteffalH.
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    Ich musste letztes Jahr ein älteres Küken erlösen. Und nein, es war absolut nicht schön. Es hatte sich das Genick gebrochen, lebte aber noch. Und es ging so schnell. Ich handelte hier einfach. Es war ein Schlag und es war tot. Mein erstes Tier, was ich selber getötet habe. Ich hätte es nie liegen lassen und abwarten können, bis es verdurstet oder verhungert. Man hat in diesem Fall ganz klar einfach die Verantwortung und diese kann einem keiner abnehmen. Ich bin auch aufgewachsen damit. Aber das selber zu machen, ist einfach noch einmal eine ganz andere Hausnummer. Ich könnte z.B. meinen alten Friedolin nie einfach jetzt töten, nur weil er alt ist. Er ist fit, kräht halt total heiser schon, tritt auch keine Hennen mehr und hat vielleicht nicht mehr das tollste Gefieder, aber er ist einfach ein Lebensfroher, gesunder kleiner Zwergseidenhahn. Und ich hoffe bei ihm, dass er einfach irgendwann so umfällt und tot ist. Würde er aber jetzt krank, dass er dann leiden würde, dann müsste ich ihn genauso erlösen, wie das Küken. Also man muss einfach die Situation erkennen, wann ein Huhn/Hahn erlöst werden muss, wann nicht. Und da muss man einfach ein Feingefühl dafür entwickeln und haben. Ansonsten funktioniert das nicht.
    Ohne Hühner ohne mich

  9. #99
    Avatar von ***altsteirer***
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    Zitat Zitat von eierdieb65 Beitrag anzeigen

    Ihr entscheidet, ob das Tier leben will (durch Blicke?)
    Ich weiß; es ist schwer vorstellbar, aber es gibt wirklich noch feinfühligere Menschen als Dich. Die spüren sowas. Wobei sie meiner Meinung nach nicht häufig anzutreffen sind. Personen mit dem "generellen Tierschutzkomplex", teils bis hin zur psychischen Auffälligkeit, gibt es, glaube ich, öfter.


    ich entscheide, ob das Tier überleben kann, ohne Hilfe.

    Vergiften kommt trotzdem nicht infrage.
    Viele sind eben bereit (zeitweise) Hilfe zu gewähren.

    Ich persönlich esse auch alles, was mir entsprechend meiner kulturellen Prägung als essbar erscheint. Das Schaf kann noch so lieb und noch so alt sein. Es ist ein Schaf und wird mindestens zur Dauerwurst, bevor sie Tiermehl daraus machen, und ich noch für die Entsorgung zahlen soll.

    Liebe Grüße, Markus
    4.29.31 Altsteirer

    "Alles, was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand." Charles Darwin

  10. #100
    Avatar von SteffalH.
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    Gnau so ist es Altsteirer. Es gibt sehr feinfühlige Menschen. Ich helfe Tieren wo ich kann. Aber ich muss auch entscheiden, esse ich Fleisch oder nicht. Und in diesem Fall kann ich keinerlei Unterschiede machen, ob ein Kalb geschlachtet wird oder ein Fohlen. Wer einmal tief in die Augen einer Kuh blickt, sieht nicht nur ein Tier, sondern ein Lebewesen mit Gefühl und Herz.
    Ohne Hühner ohne mich

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