Offener Brief an Paul-Heinz
Wesjohann, Chef von Wiesenhof und Vorstandsmitglied des Brieftaubenzüchterverbandes
Deutschland
Herzlichen Glückwunsch!
22. April 2006
Sehr geehrter Herr Wesjohann,
zur Dauerhaft des freilaufenden Geflügels möchte ich Ihnen
herzlich gratulieren. Das war schon lange Ihr Anliegen, auch wenn Sie
es z. B. im Februar 2004 noch für sinnvoll hielten, "während
der Frühjahrsmonate freilaufendes Geflügel per Verordnung in
den Stall zu verbannen" (AHO vom 19.02.04). Einen Tag vorher meinte
die FAO (Food and Agriculture Organisation of the United Nations), es
"müsse vielmehr eine strikte Trennung von Wildvögeln und
Wirtschaftsgeflügel gewährleistet werden. [..] Dies gelte auch
für kleine 'Hinterhofhaltungen'". Das war schon ein gutes Timing.
Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Vogelgrippe in großen,
industriell gehaltenen Beständen ausbricht und diese als "Teilchenbeschleuniger"
benutzt, um dann evtl. die eine oder andere "Hinterhofhaltung"
zu befallen. Das haben wir vor drei Jahren in Holland gesehen, das haben
wir in Asien gesehen, in Nigeria, in Frankreich und Anfang April in Sachsen.
In Frankreich und in Sachsen waren "Hinterhofhaltungen" gar
nicht betroffen. Auch ein Virus hat eine Vorliebe für's Schlaraffenland.
Um so bemerkenswerter finde ich, wie Sie Ihre Wissenschaftler - darf
ich das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) auch dazu zählen? -
und den Agrarindustrieminister dazu gebracht haben, die Geflügelindustriebrille
aufzusetzen und die Vogelgrippegefahr überall zu sehen (bei Wildvögel,
bei freilaufenden Hühnern), nur nicht bei industriellen Haltungsbedingungen.
In der Risikobewertung vom 19.02.06 spricht das FLI von einem Ausbruch
bei Hausgeflügel, obwohl die Vogelgrippe in einem Industriegeflügelbestand
ausgebrochen ist. Dass das FLI nicht zwischen Haus- und Industriegeflügel
unterscheiden kann, mag ich mir nicht vorstellen.
Vielleicht wissen die Wissenschaftler auch nur, "was sich gehört"
und respektieren die Interessen eines Agrarindustriellen, der einerseits
Weltmarktführer in der Legehennenzucht ist, seit der Übernahme
von Aviagen im April 2005 sehr stark in der Mastputenzucht ist und der
u. a. weit mehr als die Hälfte der in Deutschland konsumierten Brathähnchen
erzeugt: von den Elterntieren über die Brütereien, die Futtermittel
bis hin zu den Schachtereien; der zudem 80 % der Bruteier und Eintagsküken
exportiert. Mal unter uns: geht das nicht in die Milliarden an Küken?
Freundliche Grüße
Geoch Clasbrummel
www.indiez.de
p.s.: Weiterhin wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Brieftaubenzucht
Ein nie abgeschickter Brief an Herrn Wesjohann
|