Kurs Futtermittel für Hühner
Teil 2: Was machen die Hühner aus dem Futter?
oder: Welches Futter braucht welches Huhn wann?
Wer den Teil 1 noch nicht gelesen hat, sollte dies nicht versäumen:
Was ist in der Hühnerfuttertüte
drin?
So, damit haben wir die Tüten dann erledigt. Stehen da, und könnten
gefressen werden. Was macht nun also das Huhn aus den Futteranteilen,
die es "gebrauchen" kann? Das ist leicht: ein HUHN *überraschung*
und möglicherweise auch noch Eier.
Nur ist eben nicht Huhn gleich Huhn, sondern alle Teile werden
in unterschiedlichem Maße auf- und wieder abgebaut, dabei wird Energie
verbraucht und Auf-, Abbau- und Umsetzungsprozesse der einzelnen Organe
verlaufen je nach Alter, Leistung und Haltung des Tieres unterschiedlich.
Wachsende Küken müssen erstmal alles "anlegen"
und brauchen dazu andere Bestandteile im Futter als erwachsene Tiere,
z.B. werden Nerven und Gehirn nur einmal aufgebaut. ( Bedarf u.A.: viel
Vitamin B12+E in den ersten Lebenswochen). Ein MastHähnchen
will aus den Nährstoffen "Fleisch" machen, also Muskeln,
dazu braucht es andere Eiweiß-) Bausteine (AS=Aminosäuren)
und Spurenelemente und Hormone) als eine Legehenne, die täglich ein
Ei zusammenbasteln will.(einleuchtend: unterschiedlicher Ca-Bedarf!, andere
essentielle AS im Ei) "Will" bedeutet hier: ist genetisch dazu
gezwungen - die Tiere können nicht aussuchen, ob sie Eier legen
wollen oder nicht, und auch die Zusammensetzung eines Eies ist bis
auf wenige Komponenten genetisch festgelegt. In der Mauser müssen
Federn zusammengebaut werden (schwefelhaltige AS), im Winter muß
man mehr Heizen (Kohlehydrate), Herumlaufen kann man ja evtl. auch noch,
oder womöglich will man hübsch Aussehen (= Farbstoffe in die
Federn tun) - alles unterschiedliche Ansprüche, die versorgt sein
wollen.
Also müssen die Nährstoffe aus dem Futter ständig dem
Bedarf angepaßt "ins Huhn".
Damit man sich, wenn man nicht möchte, nicht allzuviele Gedanken
machen muß, gibt es sogenannte "Alleinfuttermittel", die
dem jeweiligen Bedarf einiger "Standardhühner" angepaßt
sind. (in Klammern jeweils die Bedarfswerte)
Kükenstarter:
für die ersten (beiden) Lebenswochen (22%-23% Rohprotein, >11,7MJ/ME,
+Vitamin B12, +Vitamin A, D, E, ++Methionin)
Alleinfutter für Hühnerküken (ab 3er Woche) (17%-18%
Rohprotein, >11,3MJ/ME)
Junghennenalleinfutter:
(13% Rohprotein, 11 MJ/ME)
Mastfutter I für wachsende Hähnchen:
(3.-6.Woche) (23-21% Rohprotein , 12-13 MJ/ME, +Calcium , +Methionin (3,7%
i.RP, +Lysin 5,1% i.RP))
Mastfutter II:
(7.-9.Woche) (21-19% Rohprotein , 13-13,5 MJ/ME, +Methionin (3,7% i.RP,
+Lysin 5,1% i.RP)
Alleinfutter für Legehennen I:
(für hohe Legeleistungen) (16% Rohprotein, 11,5 MJ/ME, +Ca, +Lysin,
Methionin, Cystein)
Alleinfutter für Legehennen II:
(bei 50-70% Legeleistung) (14% Rohprotein, 11,5 MJ/ME, +Ca, +Lysin, Methionin,
Cystein)
Je nach Gegend , Landstrich und Hersteller mögen die unterschiedlich
heißen, aber man kann sich immer drauf verlassen, dass alles drin
ist, was ein Huhn bzw. Hähnchen für sein Wohlbefinden und die
entsprechende Leistung braucht. Inklusive Vitamine, Mineralstoffe und
essentielle Aminosäuren, Carotinoide, evtl Coccidiostatica, ggf Grit,
alles nach Plan und perfekt.
Solange man das "normale" Alleinfutter auch ALLEIN füttert,
denn dazu ist es da. Und die Hühner entsprechend hält.
Und schon geht der Ärger los. Freilaufende Hühner? Garten?
Gras? Würmer? Körner? Essensreste? WINTER??
Alles nicht eingeplant. Jeder Haps und jeder Schritt zuviel bringt das
mühsam zusammengemischte optimale Verhältnis wieder aus dem
Gleichgewicht. Eine Hälfte Weizen und eine Hälfte Alleinfutter
macht eine Hälfte fehlernährt, weil im Weizen eben nicht alles
im richtigen Verhältnis ist. Ein halber Kropf voll Gras hat so viel
Rohfaser, daß die Verdaulichkeit der anderen Hälfte (Alleinfutter)
noch mehr eingeschränkt wird. Und wer weiß schon, was in seinen
Essensresten drin ist? Allein das "Herumlaufen" in der Bodenhaltung
erfordert ca 8-10% mehr Energie (aber nicht auch 10% mehr Eiweiß
- sondern ein anderes Verhältnis von Eiweiß:Kohlehydraten in
der Mischung) Immerhin haben sich die Futtermittelhersteller auch dafür
etwas einfallen lassen .
Im sogenannten "Ergänzungsfutter" sind auch ALLE
Vitamine, Mineralstoffe, Ess.AS vorhanden, die eine Legehenne braucht,
und es ist darauf abgestimmt, mit reinen "Körnern" (wirtschaftseigenem
Getreide) gemischt zu werden. Ergänzungsfutter enthält die dem
Getreide fehlenden Nährstoffe also in konzentrierterer Form als Alleinfutter
(z.B. bis zu 40% Rohprotein), und es sollte draufstehen, in welchem Verhältnis
es mit welchem Wirtschaftsfutter gemischt werden soll. (z.B. Weizen/Mais
oder Weizen/CCM).
Dann gibts noch den Sonderfall: "Körnerfutter"
Geflügelkörnerfutter ist nur dann ein Alleinfutter, wenn es
explizit als solches ausgewiesen ist (und dann sind nicht nur "Körner"
drin, sondern mindestens noch Soja oder Garnelen). Anderenfalls (z.B.
bei Körnerfutter aus Mais/Weizen) ist es "die andere Hälfte
zum Ergänzungsfutter" - und absolut nicht ausreichend, um an
Legehennen allein gefüttert zu werden. Sogar für freilaufende
Hobbyhalter gibt es inzwischen fertige Futtermischungen (z.B. Legegold
von der HaGe Nord - MUSS ich jetzt einfach mal erwähnen, weil ich
es wirklich klasse fand, so etwas auf den Markt zu schubsen). Da sind
dann alle Bestandteile darauf ausgelegt, dass das Huhn laufen kann, Scharren
kann, und auch mal etwas "nebenbei" erpicken. Und trotzdem noch
gut und ausgewogen ernährt wird. Es gibt fertige Mischungen für
Hühner-Bio-Ernährung, und auch für "veganische Hühner"
hab ich welche gefunden. (obschon das wirklich keinen Sinn macht - aber
das später)
Wer also bequem und ausgewogen Hühner füttern will, ist mit
ein oder zwei dieser Möglichkeiten sicher gut bedient. Wirklich.
Ganz ehrlich. Oder mit Dreien davon. Man steht auf der sicheren Seite
mit sowas. Man muß nur wissen, wann die Hühnchen geschlüpft
sind, oder wieviel Eier sie grade legen - und schon hat man die passende
Mischung. Und man kann auch so kochen, daß man keine Reste hat.
Oder die dem Hund geben - der legt keine Eier und hat einen wesentlich
weniger problematischen Stoffwechsel. Wer damit zufrieden ist, kann jetzt
aufhören zu Lesen und wird glückliche Hühner haben.
Wer damit immer aber noch nicht zufrieden ist, und selber Füttern
will, wessen Hühner sich "das meiste selber suchen", oder
wer keinen Hund hat und nicht bedarfsgerecht (*gg*) kochen kann, muß
auch selber Mischen können, denn das, was man "zufüttert"
muß ja zu dem passen, was "draußen wächst".
Bitte. Wenns denn sein soll.
Dabei spielen dann noch 2 weitere Faktoren eine Rolle: die Futteraufnahme
und die schon erwähnte Verdaulichkeit der einzelnen Komponenten.
Futteraufnahme:
Futteraufnahme ist klar? Erst mal muß gefressen werden, dann kann
mans evtl. Verdauen, und satt ist satt. Denkt man so.
Das Gehirn - auch das Hühnergehirn - sieht das aber etwas anders,
und unterscheidet zwischen mechanischer und physiologischer Sättigung.
Mechanische Sättigung bedeutet: Kropf ist voll, Magen ist
voll - kein Platz mehr. Entsprechende Dehnungsrezeptoren melden: "Mehr
geht nicht rein.".
Physiologische Sättigung bedeutet: im Blut sind alle Nährstoffe
in der richtigen Menge und im richtigen , aktuell benötigten Verhältnis
vorhanden (chemostatische/hormonale Regulation), und es ist warm genug
(thermostatische Regulation). Auch dafür gibt es Rezeptoren, die
dem Gehirn "satt" oder "nicht satt" melden. Zusätzlich
sitzen im Schnabel / Rachenraum noch Meldezellen, die die Futteraufnahme
über Geschmack, Geruch, Aussehen und Beschaffenheit (Korngröße
und -form, Konsistenz) des Futters regeln.
Damit ist dann auch klar, warum sich manche Hühner schlicht "überfressen"
- da sagt die physiologische Sättigung eben "ich brauche aber
noch....!!!" - und der Kropf/Magen kann nicht genug Bremsen. Andersherum
entstehen Mängel: wenn Kropf und Magen "voll" melden, aber
im Blut noch der ein oder andere Baustein fehlt, wird eben notgedrungen
falsch zusammengebastelt - oder (in den meisten Fällen) gar nicht.
Und da "Hunger" in jeder Form, also auch der physiologische
Hunger, den Picktrieb mitsteuert, kann auch das Federpicken oder -zupfen
hier angeregt werden. Der letzte Teil der Meldezellen sorgt dann für
die Mails mit: Hilfe, sie fressen es nicht! , denn selbst der brauchbarste
Inhaltsstoff kann, wenn er nicht nett genug verpackt ist, liegenbleiben.
Nur wenn alle diese Faktoren perfekt zusammenarbeiten, und aus einem
vollen Kropf/Magen über den Darm auch alle benötigten Nährstoffe
im richtigen Verhältnis aufgenommen werden können, klappt die
tiergerechte Ernährung. Wieviel Instinkt zu so einer angemessen selektiven
Futteraufnahme nötig ist, kann jeder leicht nachvollziehen, der einmal
versucht, wenn er Hunger! hat (mechanische Sättigung) auch gleich
zu wissen, was ihm denn im Moment am besten bekommen würde (physiologische
Sättigung). Und wie leicht es ist, diese vorhandenen Instinkte über
"Lernen/Verlernen" auszutricksen, weiß eigentlich auch
jeder, der schon mal eine Praline gegessen hat. Das geht den Hühnern
nicht anders, und auch darum ist es wichtig, darauf zu achten, was man
Füttert.
So, was haben wir jetzt? Eine Tüte Futtermittel, von der wir zwar
wissen, was drin ist, mit der wir aber nicht glücklich sind. Einen
Haufen Auslauf , Körner, Kohl und altes Essen, von dem wir (noch)
nicht wissen, was drin ist. Und ein Huhn, von dem wir ungefähr wissen
was es braucht und warum es vom Auslauf oder aus der Tüte frißt,
aber nicht wieviel.
Hier geht es weiter:
Futtermittel Teil 3: Wieviel frisst denn nun so ein Huhn überhaupt?
Und was braucht es für ein EI?
Futtermittel Teil 4: Und wenn ich mein
Futter selber mischen will? Bedarfswertetabellen
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